Rezension

Im Komischen liegt so viel Wahres.

Das Kind in mir will achtsam morden - Karsten Dusse

Das Kind in mir will achtsam morden
von Karsten Dusse

Bewertet mit 5 Sternen

Schwarzer Humor, in den weise Alltagsbeobachtungen einfließen. Mag ich.

Karsten Dusse nimmt auch im Nachfolger von „Achtsam morden“ ein psychologisches Konstrukt aufs Korn und auf die Schippe, dass es eine wahre Freude ist, „das innere Kind“. 

Zusammen mit dem Achtsamkeitsprinzip und der Kontaktaufnahme mit seinem inneren Kind versucht der Protagonist Björn, die Probleme zu lösen, die er sich im ersten Buch eingebrockt hat. 

 

Der Leser wird nicht so sehr vom Fortgang der Geschichte gefesselt als von den vielen Alltagsbeobachtungen, die der Autor mit Honig eingeschmiert und völlig übertrieben, ihm auf dem Dessertellerchen rüberschiebt. 

Da ist die Praktikantin, die auf dem Ökotripp ist und die Kinder dazu anhält, ihren Teil zum Klimaschutz beizusteuern, während sie nichts dabei findet, bald Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff zu machen. Da ist der flegelige Keller auf einer Almhütte, der den ersten Ankömmling nach einer anstrengenden Bergwanderung ignoriert und ihn nicht bedient, da sind so viele kleine Sätze, bei denen man sich wiederfindet, wie zum Bespiel „Unsere Väter hatten noch Berufe und keine Projekte.“

 

Am Allerbesten ist das Rechthaben-Schnick-Schnack-Schnuck, wobei Dusse uns vor Augen führt, dass es in einem Streitgespräch heutzutage nicht mehr um Argumente geht, geschweige denn um die Wahrheit, deren Vorhandensein per se sowie so vom modernen Menschen bestritten wird, sondern um Identitäten: derjenige, der am meisten schützenswerte Minderheitenattribute vorweisen kann, der gewinnt die Diskussion: Es hat also keinen Zweck, wenn alter, weißer, womöglich sogar intelligenter Mann mit einer jungen, molligen, farbigen, linken Immigrantin diskutiert, worüber auch immer, er hat von vornherein die Arschkarte. Frau sticht Mann, Jung sticht Alt, schwarz sticht weiß, homosexuell heterosexuell, arm sticht reich, und blöd sticht intelligent. Besonders letzteres stimmt, ist mein zeitgenössischer Eindruck. 

 Das Buch liest sich weg wie Butter, nur am Schluss stutzt man und fragt sich, ob es das jetzt gewesen ist. Na, hoffentlich nicht! 

Fazit: Wir warten auf den dritten Band. 

Kategorie. Schwarzer Humor.
Verlag: Heyne, 2020

Kommentare

Galladan kommentierte am 16. Juli 2020 um 17:03

Schöne Rezi. Ich warte auch.