Rezension

Im Rausch des Fortschritts …

Rausch - John Griesemer

Rausch
von John Griesemer

Bewertet mit 5 Sternen

1857 – die Welt befindet sich auf dem Weg zur Moderne, die Menschheit sehnt sich nach Technik. Zwischen Europa und Amerika soll das erste transatlantische Telegraphenkabel verlegt werden. Das Vorhaben misslingt, das Kabel reißt wieder und wieder. In London soll das größte Schiff der Welt, die „Great Eastern“, vom Stapel laufen, aber auch das steht unter einem ungünstigen Stern. So widmen sich die Konstrukteure zunächst anderen Aufgaben. London braucht dringend ein Abwassersystem, denn zeitweise breitet sich ein bestialischer Gestank in der Stadt aus. In Amerika ist der Bürgerkrieg ausgebrochen, und um diesen zu beenden soll die größte jemals entwickelte Kanone gebaut werden. Können all die großartigen Pläne gelingen, wenn den Männern immer wieder Liebe und Leidenschaft dazwischen kommt? …

John Griesemer, Jahrgang 1947, ist ein US-amerikanischer Journalist, Schauspieler und Autor. „Rausch“ (Originaltitel „Signal & Noise“) aus dem Jahr 2003 ist sein zweiter Roman und war wochenlang in den Bestsellerlisten zu finden. Es folgten einige weitere, ebenfalls sehr erfolgreiche Romane. Griesemer ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt mit seiner Frau in New Hampshire.

Die technische Entwicklung im 19. Jahrhundert verwebt der Autor historisch korrekt mit den Erlebnissen und Schicksalen teils authentischer und teils fiktiver Personen. Damit gelingt ihm ein spannendes Epos über den Fortschritt und ein grandioses Sittengemälde der damaligen Zeit zwischen 1857 und 1866. Es sind Männer wie Chester Ludlow, Isambard Kingdom Brunel, Professor William Thomson, J. Beaumol Spude und der Österreicher Joachim Lindt, die in London, an der amerikanischen Ostküste und auf den Weiten des Atlantiks Großartiges geleistet haben. Aber nicht nur die Männer, auch einige Frauen begannen damals schon ihre Träume zu verwirklichen und sich der männlichen Übermacht zu stellen.

Griesemer schafft es, den Leser schon nach wenigen Seiten an das Buch zu fesseln. In mehreren parallel verlaufenden und miteinander verwobenen Erzählsträngen schildert er eine leidenschaftliche Liebesbeziehung, beschreibt die immensen Schwierigkeiten die sich dem Fortschritt entgegen stellen, berichtet vom amerikanischen Bürgerkrieg, nimmt den Leser mit auf den stürmischen Atlantik und plaudert die Geheimnisse spiritistischer Sitzungen aus. Psychologisch ausgezeichnet sind die Charaktere ausgearbeitet, die in ihren Träumen leben und einen tiefen Einblick in die Abgründe ihres Seelenlebens zulassen. Der Schreibstil ist dabei wunderbar flüssig, mit viel Gespür für die gegebenen Situationen, sehr fesselnd und gut zu lesen.

Fazit: Ein spannender Roman der in längst vergangene Zeiten entführt und auf 686 Seiten viele unterhaltsame Lesestunden schenkt. Ein Muss für technisch interessierte Leser!