Rezension

Imponiert mit unglaublich viel Witz und großen Gefühlen!

Nur fast am Boden zerstört -

Nur fast am Boden zerstört
von Sophie Gonzales

Bewertet mit 4.5 Sternen

Auf dieses Buch habe ich mich unfassbar gefreut - nicht nur, weil mich der Klappentext auf Anhieb angesprochen hat, sondern auch weil ich so viel Gutes darüber gehört habe. Und ich wurde in keinster Weise enttäuscht.

 

Sophie Gonzales‘ Liebesroman ist die perfekte Mischung aus Witz und Ernsthaftigkeit. Das Buch ist in einem überwiegend lockeren, sarkastischen Ton geschrieben, der mir den Protagonisten Ollie sofort sympathisch werden ließ. Er hat trockene und unglaublich witzige Gedanken, die das Lesen zu einem wahren Genuss haben werden lassen. Gleichzeitig behandelt das Buch aber auch ernste und traurige Lebensaspekte, die zum Mitfühlen anregen, vor allem weil schwierige Themen wie die Trauer um einen geliebten Menschen nicht einfach kurz und schmerzlos über einen Zeitsprung abgehandelt werden. Selten fand ich besagtes Trauern so realistisch und schmerzvoll beschrieben wie hier. Mehr als einmal habe ich auch ein paar Tränen vergossen.

 

Vor allem Ollie ist mir - wie gesagt - sehr ans Herz gewachsen. Ich liebe so sarkastische Charaktere wie ihn, vor allem wenn sich dieser Sarkasmus auch in den Gedanken der Figur so stark bemerkbar macht. Zwar habe ich nach wie vor keine wirkliche Vorstellung davon, wie genau Ollie aussieht (ich kann nicht mal sagen, welche Haarfarbe er hat…), da das Buch komplett aus seiner Sicht geschrieben ist und es dahingehend nur wenig Anhaltspunkte gibt, trotzdem ist er mir der liebste Charakter im Buch. Einerseits wegen seines Humors, andererseits aber auch wegen … all seiner anderen Eigenschaften: er ist ein toller, hilfsbereiter Sohn, Neffe und Cousin, der seiner Tante und seinem Onkel regelmäßig mit deren Kindern unter die Arme greift, weil seine Tante an Krebs leidet. Er ist etwas schüchtern und introvertiert, gleichzeitig aber auch sehr schlagfertig, wenn er möchte. Er ist nicht perfekt und darum rundum authentisch. Sehr gut gefallen hat es mir, dass er sein Verhalten immer wieder reflektiert und auch mal eingesehen hat, wenn er einen Fehler gemacht hat. Ich konnte sein Verhalten die ganze Zeit nachvollziehen und habe durchgehend mit ihm mitgefiebert.

 

Auch Will habe ich ins Herz geschlossen, denn auch er wirkt authentisch, wie eine reale Person, die ihre Fehler und Schwächen hat, angefangen bei der hinreißenden Eigenart, dass für ihn alles immer „lächerlich“ ist. Es hat mir so gut gefallen, dass die Autorin dem Leser diese Aussage nicht einfach nur so vorgesetzt hat, obwohl sie gar nicht stimmt - sondern dass einem wirklich immer wieder selbst auffällt, wie oft Will dieses Wort sagt. Hier steckt so viel Liebe zum Detail drin, was dazu beiträgt, dass die Charaktere so glaubwürdig sind.

Auch wenn ich, anders als bei Ollie, Wills Verhalten nicht immer gutheißen konnte, habe ich es dennoch, nachdem er sich erklären durfte, immer irgendwie nachvollziehen können, sodass er mir trotz seines gelegentlichen Fehlverhaltens stets sympathisch blieb. Selbstverständlich hat er mir am besten gefallen, wenn er mit Ollie alleine und ganz er selbst war, denn das ist schließlich auch der Will, in den sich Ollie verliebt hat.

 

Die Szenen zwischen den beiden haben unglaublich viel Spaß gemacht, weil sie entweder süß, knisternd oder spannend geschrieben sind. Man spürt die Chemie zwischen den beiden und fiebert auf jede noch so kleine Annäherung hin. Fast genauso interessant sind aber auch die Szenen, in denen die beiden in der Öffentlichkeit aufeinander treffen, denn da steht natürlich immer die Frage im Mittelpunkt, ob jemand Verdacht schöpft oder sich die beiden irgendwie verraten.

 

Der Freundeskreis hat mir imponiert, da auch dort die verschiedensten Charaktere zusammenkommen. Vor allem Lara hat es mir angetan, da sie so vielschichtig ist. Sie hat dazu beigetragen, dass ich immer mal wieder schmunzelnd vor dem Buch gesessen habe, obwohl ich sie zu Beginn, wie Ollie, nicht ausstehen konnte. Genauso wussten mich aber auch andere Figuren zu überraschen.

 

Im Buch steht neben der Liebesgeschichte auch ganz klar das Thema Coming Out im Vordergrund. Es wird hier, nach vielen Komplikationen, Zweifeln und mehreren Hin und Hers, zum Wohlfühlen leicht behandelt, was ich sehr schön fand - auch wenn die Realität leider manchmal immer noch anders aussieht. 

 

Für mich steht fest, dass dies definitiv nicht das letzte Buch von Sophie Gonzales für mich sein wird: Theoretisch perfekt wartet schon im Regal, If This Gets Out ist vorbestellt und Ollies und Wills Kurzgeschichte wird jetzt sofort von mir gelesen. Ich freue mich auf mehr von den beiden!

 

Fazit 

Wer nach dem Lesen mit einem guten Gefühl zurückgelassen werden möchte - nach vielen Auf und Abs, Herzklopfen, breitem Grinsen und großen Gefühlen verschiedenster Art -, der ist hier goldrichtig.  4,5 Sterne gibt es von mir.