Rezension

In Amsterdam blühen ganz herrliche Blumen ... auf königlichen Befehl!

Kind aller Länder, 4 Audio-CDs
von Irmgard Keun

Bewertet mit 5 Sternen

Hach, ich bin ganz verliebt und verzaubert in die junge Kully, die durch die Stimme von Jodie Ahlborn verkörpert wird. Als „Kind aller Länder“ reist Kully mit ihren Eltern, später dann nur noch mit ihrem Vater, durch alle Herren Länder, freundet sich hier mit dem Portier an, plappert hier mit einem Verleger oder erträgt die Frau mit Vogelnest auf dem Kopf. Oft musste ich über ihren kindlichen Sinn für Humor, den sie fast schon auf erwachsene Weise rüberbringt, schmunzeln. Kully zuckelt mit ihrem von ständiger Geldnot aber dafür auch von hoher Vergnügungslust geplagten Vater Peter und ihrer oft kränkelnden Mutter Anni durch die Welt und lernt Sprachen sowie allerlei Tricks zum Überleben wie eine Große. Für sie ist es normal, keine Schule zu besuchen und keinen festen Wohnsitz zu haben, während ihre Mutter daran zu zerbrechen droht. Selbst die Oma, die zwischendurch mit rettender Hand einzugreifen versucht, kann hier nichts mehr ausrichten.

Während ich den Roman an sich schon einfach nur großartig finde, finde ich es umso bewundernswerter, dass sich die rebellische und sehr talentierte Autorin Irmgard Keun, deren Bücher 1933/34 vom Naziregime verboten wurden, 1938, als das Buch entstand, bereits selbst im Exil – erst in Osteende, Belgien und später in den Niederlanden - befand. Dieser Umstand verleiht dem Buch eine Authentizität, die man mit jeder Zeile spürt. Vielleicht fand Irmgard Keun sich in der jungen Kully selbst wieder, wäre sie zwanzig Jahre jünger gewesen. Sehr offensichtlich ist jedenfalls, dass sie Kullys Vater nach ihrem damaligen Liebhaber, dem Schriftsteller Joseph Roth, modelliert hat. Auch Roth, der für u. a. für seinen Roman „Radetzky Marsch“ und „Hotel Savoy“ bekannt ist, frönte gerne und oft dem Alkohol und steckte in einer desaströsen finanziellen Situation, genau wie Kullys Vater Peter.  

„Kind aller Länder“ ist mein zweiter Roman dieser begnadeten Autorin. „Das kunstseidene Mädchen“ hatte mich bereits beeindruckt aber dieses Buch setzt allem noch mal die Krone auf. Von mir eine absolute Hörempfehlung.