Rezension

In der Wildnis

Wild - Lena Klassen

Wild
von Lena Klassen

Bewertet mit 4 Sternen

"Wild" ist für mich einige der wenigen Dystopien auf dem Markt, die mir wirklich gefallen hat. Mein persönlicher Schwerpunkt lag darauf, das Menschen regelrecht gezüchtet wurden, um sie schöner, erfolgreicher und einfach besser als den Durchschnittsmenschen zu machen. Diese Dinge sind ja nicht utopisch, sondern werden heute ja schon so gehandhabt, wenn die Fortpflanzung versagt. 

Das Gesamtergebnis in Neustadt ist, das Menschen nur funktionieren, wenn ihnen Glück injektiert wird, ansonsten würden sie dieses oder jenes sicherlich hinterfragen. Auf Dauer kann dieses nicht gut gehen und für Pi (Peas wie Erbse) ändert sich alles, als sie eine Woche lang so tun muss als wäre alles normal, denn die Glückswelle bleibt aus, da der Stoff der Injektion versagt hat. Insgesamt sind es einige Kids, die sich zusammentun wollen um Neustadt zu verlassen, da sie nun echte Gefühle empfinden können. Wut, Trauer, Hass, Liebe. Sogar zu Tränen ist Pi fähig, all das was die Glücksdroge sonst unterdrückt. Wäre da nicht ein schreckliches Ereignis, würde Pi Neustadt und seine Machenschaften nicht hinterfragen, aber so lernt sie die Menschen um sich herum besser kennen und sieht ihre Oberflächlichkeit. "Lass den Glücksstrom nicht abreißen...." Pi hinterfragt und liebt, denn auch ihr bester Freund Lucky entdeckt echte wilde Gefühle. Um weiterhin zu echten Gefühlen fähig zu sein beschließen sie in die Wildnis zu fliehen, aber dieses Unterfangen klappt leider nur bedingt. 

 

Für mich war das Lesen ein Genuss, denn ich kann mir ein Leben ohne Gefühle einfach nicht vorstellen, obwohl es wahrscheinlich zufriedenstellend sein kann immer nur glücklich zu sein. Pi entdeckt für sich, das sie ein ganz wunderbarer Mensch ist, dem vielleicht dieses und jenes fehlt, um in Neustadt zu funktionieren. Sie schied aus dem Partnerprogramm aus, obwohl sie sich so sehr gewünscht hat, das Lucky ihr zugeteilt wurde. Nach Gabe der Glücksdroge war Pi immer noch nicht wirklich zufrieden und empfand Eifersucht und anderes, all das was ihre Klassenkameraden der Loserklasse nicht empfinden konnten. Warum dies so ist erklärt sich zum Ende hin von selbst. 

 

Das Ende ist gewaltig und lässt den Leser gebannt zurückschauen. Offene Enden mag ich normalerweise nicht, aber in "Wild" passt es einfach ideal, damit wir selbst die Story noch weiterspinnen können oder es vielleicht auch eine Möglichkeit gibt für die Autorin eine Fortsetzung zu schreiben? Mich würde es freuen.

 

Von mir gibt es eine Leseempfehlung für eine Dystopie die mich erstaunlicherweise begeistern konnte. Da ich von der Autorin die "Rinland - Trilogie" gelesen habe, war ich einfach gespannt, auf weitere Werke. Mich hinterlässt "Wild" nachdenklich und völlig zufriedengestellt, denn es ist nun erwiesen, das das Herumpfuschen in der DNA eines Menschen nicht unbedingt von Vorteil sein muss. Auch wenn es sich hier nur um eine fiktive Handlung handelt, war von Anfang an klar, das Fehler passieren, sobald sich Menschen als Götter aufführen. Mich hinterlässt dies nachdenklich.