Rezension

In eine Rolle gedrängt

Jesolo - Tanja Raich

Jesolo
von Tanja Raich

Bewertet mit 4 Sternen

Andrea und Georg sind schon über zehn Jahre zusammen. Bezüglich ihrer Zukunft hat sich Andrea nicht allzu viele Gedanken gemacht, denn sie ist zufrieden, so wie es ist. Aber Georg fragt immer wieder, ob sie nicht zusammenziehen sollten.

Wie jedes Jahr machen sie Urlaub in Jesolo. Auch im Urlaub stellt Georg wieder seine Frage, doch Andrea weicht ihm aus. Sie will nicht mit ihm zusammen in das Haus seiner Eltern ziehen. Aber nach dem Urlaub ist sie schwanger.

Das Buch hat nur 224 Seiten, die mir einen recht düsteren Eindruck vermitteln. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Andrea.

Das Cover ist einfach genial; erst bei mehrfachem Hinschauen ist mir klar geworden, was dort gezeigt wird.

Andrea und Georg haben eine ziemlich eingefahrene Beziehung. Jedenfalls kommt es mir so vor, als ich die beiden in Jesolo erlebe. Irgendwie ist die Luft raus. Andrea empfindet alles als immer gleich. Wenn Georg Andrea wegen des Zusammenziehens fragt, weicht sie aus. Eigentlich müssten sie über ihre Vorstellungen vom Leben reden und herausfinden, ob ihre Vorstellungen zusammenpassen. Doch eine Entscheidung, wie es weitergehen soll, wird durch die Schwangerschaft verhindert. Andrea fühlt sich von dem, was dann geschieht, überrumpelt. Aber sie wehrt sich auch nicht. Auch gegen die Übergriffigkeit ihrer Schwiegereltern tut sie nichts. Ihr Lebens verändert sich total. Ihre Bedürfnisse werden von niemandem wahrgenommen. Ich konnte Andreas Gedanken und Ängste gut nachvollziehen, aber ihr Verhalten blieb mir fremd.

Auch in der heutigen Gesellschaft wird die Frau häufig noch in eine bestimmte Rolle gedrängt. Sie stößt auf Unverständnis, wenn sie sich gegen Kinder entscheidet. Eigentlich sollten wir das inzwischen überwunden haben.

Andreas Geschichte endet mit der Geburt, aber ansonsten bleibt das Ende offen. So kann sich jeder seine Gedanken machen.

Ein anspruchsvolles Buch, das nicht ganz einfach zu lesen ist. Trotz der melancholischen Stimmung hat mir das Buch gefallen.