Rezension

In jedem Ende liegt ein neuer Anfang

Der Geschmack unseres Lebens - Julia Fischer

Der Geschmack unseres Lebens
von Julia Fischer

Seit Julia Fischers erstem Hörbuch „Die Galerie der Düfte“, bin ich ein Fan von ihr. Ihre Stimme passt sich den verschiedenen Personen und ihren Stimmungen perfekt an. Geschickt verwebt sie Familiengeschichten über verschiedene Zeitebenen mit einem bestimmten Ort. Diesmal entführt sie uns ins Piemont nach Alba, in die Hochburg der weißen Trüffel und Haselnüsse.

 

 

„Eine Schleife aus Sehnsucht und blauem Satin ziert ihr Hochzeitskleid.“

Ellas Leben ist von Verlusten gezeichnet. Ihre Mutter starb bei einem Autounfall, als sie erst 5 Jahre alt war. Ihr Bruder Danilo hat sie und ihren Vater nach einem Streit verlassen und ist in den Krieg nach Afghanistan gezogen. Ihre Hochzeit hat sie wegen der Krebserkrankung ihres Vaters immer wieder verschoben, bis ihr Verlobter trotz gemeinsamer Kinder eine andere geheiratet hat und als ihr Vater dann starb, konnte sie die Haselnuss-Plantage der Familie nicht mehr halten.

Jetzt startet sie endlich neu durch und eröffnet mit dem Rezeptbuch ihrer Mutter eine Chocolaterie. Einer ihrer ersten Kunden ist Michele. Er ist mit seiner Frau Pippa vor einiger Zeit ins Piemont gezogen, doch es kriselt zwischen ihnen. „Damals hatten sie sich ein Leben versprochen, heute kämpften sie um jeden Tag.“ Ellas „Torta di Nocciole“, die Haselnuss-Trüffel und -cremes begeistern ihn. Er sucht einen Partner, der ihm hilft die Bio-Nüsse seiner Haselnussplantage zu verarbeiten ...

 

„Der Geschmack des Lebens“ ist nicht nur eine Familiengeschichte, es ist die Geschichte einer ganzen Region und geht zurück bis in den 2. WK, als die Piemonteser im Widerstand kämpften. Einer der letzten Überlebenden ist Ellas Nachbar Salvatore. Er hilft ihrem Bruder Danilo, als der endlich aus Afghanistan heimkehrt, wieder zu sich zu finden, seine Ängste und Süchte zu besiegen. Danilo ist damals gegangen, weil er das Geheimnis von Ellas Mutter entdeckt hatte und ihr Vater sich weigerte, auch sie einzuweihen.

 

Julia Fischers (Hör-)Buch ist wieder ein Genuss für alle Sinne. Haselnüsse, Schokolade, weiße Trüffel und Wein lassen mir beim Lesen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Man merkt, dass Julia Fischer kennt und liebt, was sie hier beschreibt: Den Rausch bei der Trüffelsuche und den Spaß beim jährlichen Eselrennen, die Aufregung der Trüffelmesse.

Besonders gefallen haben mir die verschiedenen Spielarten der Liebe – die einer Mutter zu ihren Kindern, verbotene Liebe, Liebe über den Tod hinaus, gleichgeschlechtliche Liebe und späte Liebe im hohen Alter.

Die Handlung dreht sich aber auch um Freundschaft und Verzeihen, Aussöhnung mit der Vergangenheit und Ankommen in der Gegenwart. Sie ist herzergreifen und gefühlvoll, zum Lachen und Weinen.