Rezension

In the end we only regret the chances we didn`t take!

Taking Chances - Im Herzen bei dir
von Molly McAdams

Bewertet mit 3 Sternen

Schade, viel Potential verschenkt. Es hätte ein Knaller werden können, wenn die Autorin es nicht zu gut gemeint hätte.

„Destiny is all about the choices we make and the chances we take“

 

Es hat mich ein paar innere Kämpfe gekostet diesen Roman von Molly McAdams zu bewerten.

Das mag vor allem daran liegen, dass meine Erwartungen an diese Geschichte sehr hoch waren, nachdem ich den Klappentext gelesen hatte. Erhofft habe ich eine Handlung, die mich emotional berühren würde, die tiefe Gefühle der Protagonisten beschreibt und deren Leiden, das zwangsläufig mit einer Dreiecksbeziehung einhergeht. Aber was ich letztendlich erhalten habe, lässt mich ein wenig zwiespältig zurück.

 

Inhalt:

 

Harper wächst unter dem strengen Regiment ihres Marine-Dads auf. Sie zählt die Tage, bis sie aufs College gehen kann, um endlich die Dinge zu erleben, von denen sie bislang nur gehört hat: Flirten, Daten, Küssen. Gleich auf der ersten Party trifft sie Chase, der all das ist, was ihr Vater hasst: sexy, wild, verwegen. Nur mühsam widersteht Harper seinem Bad-Boy-Charme. Obwohl sie sich kurz darauf in seinen attraktiven Mitbewohner Brandon verliebt, scheint ihr Körper jedes Mal vor Verlangen zu vibrieren, sobald Chase in der Nähe ist. Sie ist überglücklich mit Brandon, aber auch ihre Gefühle für Chase werden immer stärker. Ein unvergessliches Wochenende lang gibt sie der Versuchung nach - und plötzlich ist nichts mehr, wie es war ...

 

Meinung:

 

Der Einstieg in die Geschichte fiel mir nicht schwer. Innerhalb der ersten Zeilen war ich angekommen und konnte Harpers neues Leben begleiten. Dies ist Molly McAdams flüssigem Schreibstil geschuldet, der anfangs locker, leicht ironisch und humorvoll gehalten, den Leser durchaus an die Geschichte zu fesseln vermag.

Die gesamte Handlung wird aus der Ich-Perspektive der weiblichen Protagonistin erzählt. Das gibt zwar Harper eine gewisse Tiefe, da wir aber auch wirklich jedem ihrer manchmal anstrengenden Gedankengänge folgen, lässt mich aber auch die Sicht der männlichen Protagonisten vermissen. Ich hätte mitunter gerne ihre Sicht der Dinge erfahren, um mir ein eigenes Bild zu machen und mich nicht auf Harpers Einschätzungen und Erfahrungen stützen zu müssen. Für die Spannung war die Wahl der Perspektive durchaus förderlich. Der Leser wird im Unklaren gelassen, wie Chase und Brandon denken und auf gewisse Handlungen Harpers reagieren würden. Somit war ich beim Lesen gezwungen mit Harper jeweils zu grübeln und zu bangen.

Der Plot des Romans war eigentlich auch ansprechend. Weibliche Protagonistin, fernab jeder Erfahrung mit dem Alltag normal aufgewachsener Collegestudenten, trifft auf zwei besonders attraktive männliche Protagonisten, die unterschiedlicher nicht sein könnten und kommt in einen Handlungs- und Gewissenskonflikt, als sie Gefühle zu beiden entwickelt. So weit so gut. Woran lag es also, dass mich die Autorin nicht zur Gänze von ihrer Geschichte überzeugen konnte?

 

„ Es ist nichts erbärmlicher in der Welt, als ein unentschlossener Mensch, der zwischen zweien Empfindungen schwebt, gern beide vereinigen möchte, und nicht begreift, dass nichts sie vereinigen kann, als eben der Zweifel, die Unruhe, die ihn peinigen.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

 

Ich muss einfach gestehen, ich hatte ein riesiges Problem mit der weiblichen Hauptprotagonistin. Es ist mir selten beim Lesen einer Geschichte passiert, dass ich kurz davor war einem Hauptcharakter nur noch das Schlechte zu wünschen und es mir im Endeffekt egal war, ob er/ sie das ersehnte Happy End bekommt. Das will etwas heißen, da ich in der Regel Bücher ohne Happy End meide.

War Harper mir zu Beginn der Handlung zwar noch etwas naiv, aufgrund ihrer fehlenden Erfahrungen und der ungewöhnlichen Situation in der sie aufwuchs, aber durchaus schlagfertig, wortgewandt und sympathisch. So entwickelte sie im Verlauf der Handlung eine Einstellung die mich einfach sprachlos zurückgelassen hat. Und das bei Weitem nicht im positiven Sinne. Ich möchte hier auch gar nicht zu viel spoilern, aber die Art, wie sie mit Brandon und Chase umgeht, dabei von Liebe spricht und wie es gerade in ihre jeweilige Vorstellung passt, den ein oder anderen verletzt, geht überhaupt nicht. Die an den Haaren herbeigezogenen Erklärungen und Rechtfertigungen sind dabei mehr als widersprüchlich. Irgendwann war ich an dem Punkt angelangt, an dem sie mich dermaßen geärgert hat, dass ich mich immer wieder gefragt habe, aus welchem Grund diese beiden großartigen Männer sie so sehr in den Himmel heben. Ich hätte die Beine in die Hand genommen und wäre gelaufen, so weit ich könnte. Ich danke der Autorin, dass Harper am Ende nochmal knapp die Kurve gekriegt hat, sonst hätte ich das Buch wahrscheinlich frustriert in die Ecke geworfen.

So unsympathisch die weibliche Protagonistin war, so großartig waren die beiden männlichen Charaktere. Während Brandon einfach nur mitfühlend, rücksichtsvoll und beschützend war und man ihn gern haben musste, so war Chase ein sehr facettenreicher Charakter. Gerade Chase, der zu Beginn den Stempel eines wenig liebenswerten Mannes, um den man am besten einen weiten Bogen macht trug, entwickelt immer mehr eine verletzliche Seite. Ich konnte gar nicht anders, als mit ihm zu fühlen und zu hoffen. Irgendwann hat er sich heimlich in mein Herz geschlichen. Es hat mir in der Seele weh getan, wie Harper mit beiden umgeht. Interessant ist sicher, dass in diesem Roman einmal die Männer ihre Gefühle zeigen dürfen. Sie leiden, weinen und manchmal zerbrechen sie auch an der Situation. Auch wenn Brandon ein wenig zu perfekt geraten ist und hinter Chase ein bisschen blasser bleibt, so habe ich mit beiden gelitten und Harper am liebsten zur Hölle gewünscht für ihre Handlungen. Ich könnte jetzt noch kritisieren, dass sämtliche Charaktere das Klischee der überragend attraktiven und vermögenden ( ungewöhnlich in diesem Alter ) Menschen bedienen, nach denen sich alle verzehren, aber das kann ich einer fiktiven Geschichte gerade noch verzeihen.

„Du siehst eine leuchtende Sternschnuppe nur dann, wenn sie vergeht“ (Christian Friedrich Hebbel)

 

Aber was hat sich die Autorin eigentlich bei dem Verlauf der Handlung gedacht? Hätte Molly McAdams das Buch 150 Seiten früher beendet, wäre es für mich keine Frage gewesen ihr trotz unsympathischer Protagonistin und einiger übertriebener Darstellungen mindestens vier Sterne zu geben. Bis dahin habe ich mich zwar über manche Entscheidungen Harpers geärgert, aber die Handlung absolut gebannt verfolgt. Ich musste einfach wissen, wie sich die Protagonistin aus ihrem ganzen Gefühlswirrwarr zu einer klaren Entscheidung bewegt. Leider wird der Protagonistin diese Entscheidung verwehrt.

Die Autorin baut zwei unerwartete Wendungen ein, bei der die zweite mich zunächst wütend machte, mich dann in eine Schockstarre versetzte und meine Tränen hemmungslos zum Laufen brachte. Doch statt gerade dieses Potential mit seiner ganzen Dramatik auszunutzen, versucht sie danach über endlose Seiten alles wieder gut zu machen und driftet dabei in eine kaum zu überbietende „rosarote Welt“ ab. Damit nimmt sie ihrer Geschichte leider jegliche Glaubwürdigkeit. Ich bin ja wirklich sowohl emotional, als auch romantisch veranlagt und lese gerne ein befriedigendes Ende. Besonders wenn die Protagonisten viel Leid erfahren, macht es mich zufrieden, wenn sie am Ende glücklich sein dürfen. Aber dieses seitenlange glücklich machen wirklich aller Charaktere war für mich weit über das Ziel hinaus geschossen. Zu viele unglaubwürdige Zufälle, gefühlte tausend „ich liebe dich für immer“, jeder verzeiht jedem und wir sind eine einzige große Familie. Das trieft förmlich beim Lesen, zieht sich ewig in die Länge und ist fernab jeder Realität. Wie kann man so viel Potential einer Geschichte verschenken? Ein kleiner Abschnitt gegen Ende hat mich dann doch wieder ein wenig versöhnt. Hier durfte der Leser nochmal zittern und mitfühlen.

 

Fazit:

 

Ich habe lange mit mir gerungen. Der Anfang der Geschichte hat beim Lesen Spaß gemacht, besonders mit dem herrlichen Schlagabtausch zwischen Chase und Harper. Bis zur Mitte der Handlung hat sich trotz einiger Ärgernisse und zu schnell entwickelter Liebesgeständnisse eine Sogwirkung beim Lesen entwickelt, die mich auch emotional mitgerissen hat. Das Ende war mir persönlich zu lang und zu viel des Guten. Was ich sehr schade finde, aber leider nicht ignorieren kann in meiner Bewertung. „Taking Chances“ ist mit Sicherheit kein wirklich schlechtes Buch, aber leider auch kein überragend gutes, das man unbedingt lesen muss.

Leser, die auf Authentizität weniger Wert legen und einer widersprüchlichen Protagonistin verzeihen können, dürften ihren Spaß daran haben.

 

„ In the end we only regret the chances we didn`t take.“