Rezension

In Wort und Bild beeindruckend

Das Tagebuch der Anne Frank - Ari Folman, David Polonsky, Anne Frank

Das Tagebuch der Anne Frank
von Ari Folman David Polonsky Anne Frank

Bewertet mit 5 Sternen

Das Graphic Diary ist eine Adaption aus Anne Franks Originaltext und fiktiven Dialogen, die auf dem Tagebuch basieren. Es wurde gescriptet, zusammengestellt und illustriert von Ari Folmann und David Polonsky, die 2008 für den animierten Dokumentarfilm "Waltz with Bashir" den Europäischen Fimpreis und den César erhielten.

Mit dem Tagebuch der Anne Frank haben sich vermutlich viele von uns schon auseinandergesetzt und sich so dem Thema Judenverfolgung im Dritten Reich aus der Perspektive der Opfer in ihren Verstecken gewidmet.

Annes Familie hat in Amsterdam, im Hinterhaus von Otto Franks Firma Opekta, zusammen mit der Familie van Daan und Fritz Pfeffer einen zwar beengten aber vermeintlich sicheren Unterschlupf gefunden und sich so dem Zugriff der SS-Schergen entzogen.

Was naturgemäß im Tagebuch schwarz-weiß erscheint und somit die Stimmung in dieser dunklen Zeit zurecht eintrübt, erscheint hier nun in einem ganz neuen, bunten Licht. Anne erzählt von ihrem Leben vor der Flucht und von dem Geschenk des Tagebuchs. Als ganzseitiges Bild erscheint es mannshoch und Anne lehnt sich vertrauensvoll daran. Das Buch nennt sie fortan Kitty und hofft, dass sie Kitty alles erzählen und sie ihr eine Stütze sein kann.

Hoffnungsvolle Bilder mit Szenen, wie sich Anne ihre Zukunft nach dem Krieg ausmalt, lustige Bilder, wie der Nachttopf von Frau van Daan sie durch den Alltag begleitet wechseln sich ab mit bedrückenden Bildern von Alpträumen und den Nachrichten vom Krieg.

Anne war eine junge, heranwachsende Frau mit Phantasie, aber auch mit verwirrenden Gefühlen. All das wird graphisch kongenial umgesetzt und manchmal vergisst man dabei, dass sie nicht alt, dass diesem jungen Leben auf schreckliche Art ein Ende gesetzt worden ist. Der Verrat des Vertsecks und schließlich der Abtransport der Familie wird in einem Text am Ende des Buches nochmal in Erinnerung gerufen.

Ari Folman erklärt in einem Nachwort, dass Annes Tagebuch nicht 1 zu 1 umgesetzt werden konnte, da es sonst zu umfangreich geworden wäre. Die Auswahl die er und David Polonsky allerdings getroffen haben, finde ich sehr ausgeglichen und hat mich sehr beeindruckt. Das Buch in Comicformat soll Leser gewinnen, die vor rein geschriebenen Text zurückschrecken, allerdings gehören beide Formen wohl zusammen, denn das Original ist wichtige Geschichte.

Keinesfalls ist diese illustrierte Version respektlos, sondern eher eine Hommage an eine junge Frau, die Witz, Humor und Phantasie hatte, aber auch Wut und Angst. Das wird in den Bildern sehr deutlich und lässt das Grauen der Judenverfolgung nochmal auf eine sehr menschliche Weise deutlich werden.
 

Kommentare

Paperboat kommentierte am 10. Januar 2019 um 15:54

Ich finde es schön, dass es auch grafische Aufarbeitungen von schwierigen Themen gibt. Ohne Zweifel ist Anne Franks Geschichte nichts, dass man in einem "Comic" erwartet. Vielleicht wurde für so schwierige Themen der Begriff "Graphic Novel" erfunden, um das ganze vom normalerweise witzigen Comic abzugrenzen. Genauso wie Comic-Romane ermöglichen Graphic Novels wie diese es Lesern, die sich (bisher oder nie) nicht so für Bücher begeistern, den Zugang zu interessanten und wichtigen Themen, die man nicht verpassen oder links liegen lassen sollte.