Rezension

Ines' Geheimnis

Hurentochter - Die Distel von Glasgow - Tabea Koenig

Hurentochter - Die Distel von Glasgow
von Tabea Koenig

Bewertet mit 5 Sternen

19. Jh. Glasgow. Die 17-jährige Emily, geboren und aufgewachsen in dem Bordell, in dem ihre Mutter Ines seit 17 Jahren arbeitet, lebt zwar ein recht behütetes Leben, aber den Beruf ihrer Mutter möchte sie niemals ergreifen. Sie ist mit Liam befreundet, dessen Mutter vor ihrem Tod ebenfalls dort tätig war. Die beiden planen eine gemeinsame Zukunft abseits des Bordells. Eines Tages wird Emilys Mutter Ines mit einigen anderen ermordet und das Bordell fällt einem Feuer zum Opfer. Emily flieht gemeinsam mit Liam, die beiden müssen sich allein ohne Geld durchschlagen, nur eine alte Uhr und ein Medaillon sind Emily von ihrer Mutter geblieben, wobei gerade das Medaillon ein Geheimnis birgt. Emily ist fest entschlossen herauszufinden, warum ihre Mutter sterben musste und wer dahinter steckt. Mit Unterstützung von vielen neuen Bekanntschaften, die ihnen gegenüber keine Vorbehalte hegen,  gelingt es Emily, sowohl den Mörder ihrer Mutter zu finden und dem gut gehüteten Geheimnis ihrer Mutter auf die Spur zu kommen…

Tabea Koenig hat mit „Hurentochter – Die Distel von Glasgow“ einen sehr unterhaltsamen und spannenden historischen Roman vorgelegt, der mit seinem flüssigen und bildgewaltigen Erzählstil den Leser schnell in die Geschichte hineinsaugt, wo er sich im viktorianischen Zeitalter wiederfindet, um Emily und Liam bei ihren Erlebnissen zu begleiten. Die Autorin hat eine akribische historische Recherche betrieben, die dem Leser nicht nur über die gesellschaftlichen Verhältnisse im Schottland der damaligen Zeit aufklärt, sondern auch deren Riten und Kultur näher bringt. So findet das Fest Beltane, den Jahreszeitenwechsel zum Sommeranfang und der deutschen Walpurgisnacht vergleichbar, ebenso Erwähnung wie der teilweise doch recht grausame Umgang miteinander sowie die harten Lebensbedingungen zu jener Zeit. Frauen waren Menschen zweiter Klasse und landeten aufgrund von Schicksalsschlägen schnell in einem Bordell, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, dabei ihr Ansehen völlig verloren. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr farbenfroh, so dass der Leser sich in einem rauen Land voller Mythen und Sagen wiederfindet, wo die Menschen noch an Feen glaubten und an alte Heilkräfte. Die Stimmung wird innerhalb der Geschichte sehr gut transportiert und auch der Spannungsbogen liegt während der gesamten Handlung dauerhaft hoch.

Die Charaktere wurden liebevoll ausgestaltet und wirken mit ihren sehr lebensnahen Ecken und Kanten glaubwürdig und authentisch. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fiebern, hoffen und bangen. Emily ist eine recht behütet aufgewachsene junge Frau, die genaue Vorstellungen von ihrem Leben hat. Dem Beispiel ihrer Mutter will sie auf keinen Fall folgen und genießt auch deren Unterstützung. Gerade, weil sie in dem Bordell so einiges miterleben musste, besitzt Emily Mut und Stärke und lässt sich auch von Niederlagen nicht so schnell von ihrem Vorhaben abbringen. Liam ist ein netter Kerl, verlässlich und fleißig, er ist für Emily der Fels in der Brandung, können sie doch aufeinander zählen, denn ihre Liebe ist seit Jahren immer mehr gewachsen. Ebenso können die Nebenprotagonisten wie z.B. Vigo mit ihren Auftritten überzeugen und geben der Handlung zusätzliche Spannungsmomente.

Mit „Hurentochter – Die Distel von Glasgow“ ist der Autorin ein eindrucksvolles Debüt gelungen, das den Leser von der ersten Seite an in den Bann zieht und wunderbare Lesestunden bereitet. Nicht nur der historische Hintergrund fasziniert, sondern auch eine gut durchdachte Geschichte, die berührt und zu fesseln weiß. Absolute Leseempfehlung für eine echte Entdeckung!

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 01. Juni 2019 um 00:20

Den Roman hatte ich auch schon auf dem "Leseradar" - danke für Deine tolle Rezi, liebe @Dreamworx, nun bin ich sicher, dass es auch was für mich ist ;)

LG!