Rezension

Informationsflut

Papyrus -

Papyrus
von Irene Vallejo

Bewertet mit 4 Sternen

Irene Vallejos Papyrus - die Geschichte der Welt in Büchern verfolgt die Entstehung des Buches und zeigt auf, was alles notwendig war, damit es überhaupt zu Büchern, wie wir sie heute kennen, kommen konnte - und wie viel Einsatz nötig war, dass wir auch heute noch die Werke von z.B. Homer, Ovid oder Cäsar lesen können.

Ich gebe zu, meine Erwartungshaltung war durch den Untertitel eine andere, bei "Die Geschichte der Welt in Büchern" hatte ich doch mehr erwartet, dass dargestellt wird, wer wann aktuelle Geschehnisse in Texten erfasst hat, so dass historische Ereignisse in Berichten oder auch in Poesie überliefert wurden.
Teilweise kommt das auch vor, aber der Schwerpunkt ist dann doch die Entwicklung des Buches (was im spanischen Originaltitel auch viel deutlicher wird).

Eine zweite Klippe war der Schreibstil - in der Übersetzung lässt sich der Text sehr gut lesen, nur stellt Irene Vallejos ihre (äußerst umfangreichen) Rechercheergebnisse nicht in einer linearen, zeitlichen Abfolge vor, sondern erzählt in 87 Abschnitten (oder Artikeln) aus Griechenland und in 48 Abschnitten aus dem alten Rom. Diese Abschnitte sind dann wieder teilweise thematisch zusammengefasst. In (und zwischen) den Abschnitten erzählt Irene Vallejos und baut viele Assoziationen mit ein, springt damit teilweise in die aktuelle Zeit, teilweise von Griechenland nach Rom, teilweise auch zurück - darauf musste ich mich erst einlassen. Gerade die Assoziationen zur heutigen Zeit, z.B. dass die Internet-URL der Signatur eines Bibliotheksbuchs entspricht, fand ich häufig besonders interessant, auch die Hinweise auf immer wieder vorkommende Ereignisse wie Bibliothekszerstörungen oder auch Schulmassaker. Eingebettet werden auch Hinweise auf Filme oder literarische Werke, die sich mit ähnlichen Aspekten wie den gerade besprochenen beschäftigen. Durch diese Informationsflut habe ich dann auch nicht gut zwei, sondern mehr als 7 Wochen für das Lesen gebraucht.

Wer sich für die Entwicklung von Schrift, Aufzeichnungen, Bibliotheken, der Verbreitung von Büchern im Altertum und auch die Rolle der Frau in diesem Zusammenhang interessiert, wird sicher einiges aus diesem Text mitnehmen können, aber man braucht Durchhaltevermögen. Allein das Personenregister am Ende des Buches umfasst 12 Seiten, 10 Seiten weise weiterführende Literatur aufs, ebenfalls 10 Seiten umfassen die Hinweise auf deutschsprachige Literatur, die die Übersetzer zusätzlich herangezogen haben, und 46 Seiten umfasst das ausführliche Quellenverzeichnis von Irene Vallejos, geordnet nach den einzelnen Abschnitten.

Eine Mischung aus Sachbuch und Lesebuch, sicher kein Roman - aber definitiv lesenswert.