Rezension

Innenansichten

Rückkehr nach Killybegs - Sorj Chalandon

Rückkehr nach Killybegs
von Sorj Chalandon

Es ist schon einigermaßen verwunderlich, wenn ein französischer Autor einen politischen Roman über den Nordirland-Konflikt schreibt. Aber der ehemalige Journalist der „Libération“, Sorj Chalandon, war für seine mit dem Albert-Londres-Preis ausgezeichneten Reportagen sehr oft vor Ort und kennt deshalb dieses zerissene Land und die Mentalität der Menschen sehr gut.

Der Roman ist in einer sehr klaren Sprache geschrieben, wirkt sehr authentisch und gut recherchiert, was mit Sicherheit zum einen auf die häufigen Aufenthalte des Autors in Nordirland, zum anderen auf seine privaten Kontakte zu hochrangigen IRA-Mitgliedern zurückzuführen ist. Und offenbar hat auch einer dieser Kontakte als Vorbild für Tyrone Meehan gedient, den Erzähler in „Rückkehr nach Killybegs“.

Der Roman ist aus der Ich-Perspektive erzählt und beschränkt sich nicht nur auf die Lebensgeschichte des Protagonisten, sondern gewährt dem Leser auch Einblicke in die Struktur der Irisch-Republikanischen Armee (IRA). Dabei bewertet Chalandon aber nicht, weder das Handeln seiner Hauptfigur noch die politische Situation in Nordirland

Tyrone Meehan ist in das Cottage im nordirischen Killybegs zurückgekehrt, in dem er seine Kindheit verbracht hat. Mittlerweile ist er einundachtzig Jahre alt und hat ein ereignisreiches Leben gelebt. Nach dem Tod seines Vaters kommt Tyrone als Jugendlicher nach Belfast und schließt sich einer politischen Jugendorganisation an. Es herrscht Krieg, und das Leben in Nordirland ist in diesen Tagen von den gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten bestimmt. Tyrone ist furchtlos, und da er keinem Kampf aus dem Wege geht, macht er sich schnell einen Namen und steigt auf. Aber als er eines Tages einen verhängnisvollen Fehler begeht, soll das sein Leben für immer verändern, denn der britische Geheimdienst hat ihn seit diesem Zeitpunkt im Visier und erpresst ihn. Kann ein Mann mit der Schuld leben, Verrat an seinen Kameraden begangen zu haben? Und wie werden diese reagieren, wenn der Verräter entlarvt wird?

Chalandon schreibt über Loyalität, Treue und politischen Kampf, aber auch über Verrat, Angst, Scham und Reue. Dabei vermeidet er kitschige Emotionalität, sondern bleibt immer klar und sachlich und schildert dennoch nachvollziehbar, wie ein einziger unbedachter Fehler dem Leben eines integeren Mannes eine komplett andere Richtung geben kann.