Rezension

Inspirierender Roman über die wichtigen Lebensfragen

Picknick im Dunkeln - Markus Orths

Picknick im Dunkeln
von Markus Orths

Bewertet mit 4 Sternen

Ein letzter Weg in absolter Dunkelheit

„Ich denke wie jeder andere Mensch, ich denke, weil uns die Vernunft geschenkt wurde und weil solch ein Geschenk einen Sinn haben muss. Ich denke zur Unterstützung des Glaubens an den, der uns diese Vernunft verlieh. Sehen sie, Mister Laurel: Ich bin im Auftrag des Herrn unterwegs.“

Inhalt

Als Stanley Laurel sich plötzlich inmitten vollkommener Dunkelheit befindet und sich weder seinen Weg dorthin, noch seine Lage an sich erklären kann, bemüht er sich, mittels sachlicher Überlegungen zu orientieren – welche Beschaffenheit haben die Wände, gibt es einen Luftzug, hat der Tunnel ein Ende. Zum Glück dauert es nicht lange, bis er einem Koloss von Mann begegnet, der hier in diesem undurchdringlichen dunklen Tunnel ebenfalls ausharrt. Gemeinsam machen sie sich also auf den Weg, das Dunkel zu durchschreiten, in der Hoffnung, dass sie einen Ausgang finden. Ganz nebenbei erzählen sie sich aus ihrem Leben und Stan identifiziert sein Gegenüber tatsächlich als den berühmten Thomas von Aquin, der rein rechnerisch schon seit über 700 Jahren verstorben ist. Also muss dies auch Stans letzter Weg sein, von dem alle Welt immer behauptet hat, dass er ins Licht und nicht in die Finsternis führt. Irgendetwas stimmt hier nicht, und die beiden müssen nur noch herausfinden, was es ist …

Meinung

Was für eine tolle, innovative und doch simple Idee für einen Roman: man nehme zwei hinreichend bekannte Persönlichkeiten, die sich unter logischen Aspekten niemals begegnet wären und setzt sie in einen Raum ohne äußere Reize. Viele Interaktionsmöglichkeiten bleiben ihnen nicht, eigentlich nur die Kommunikation, das Austauschen von Gewissheiten und neue Überlegungen, die man zu zweit vielleicht anstellen kann. Dieser Hintergrund bildet den wesentlichen Baustein des neuen Romans von Markus Orths, der gleichzeitig meine erste Lektüre des Autors war. 

Ganz klar, dieses Buch lebt nicht von überschwänglicher Action und Handlungsvielfalt, es gewinnt durch die Art und Weise der Gespräche an Wert, es ist ein Dialog, ein Austausch von Erfahrungen, Erinnerungen und die Suche nach möglichen Erklärungen. Ganz nebenbei bekommt der geneigte Leser dabei einen kleinen Einblick in die jeweilige Biografie des Erzählenden. Während Stan immer auf der Sonnenseite stand und auch andere Menschen zum Lachen brachte, waren der Glaube an Gott und das Benutzen des Verstandes die elementaren Werte im Leben von Thomas von Aquin. Die Annäherung der beiden erfolgt in kleinen Schritten, stellenweise vergessen sie sogar den Sinn ihres Weges, sie haben nicht mehr das unmittelbare Bedürfnis, ihren unfreiwilligen Aufenthalt in der dunkeln Röhre sofort zu Beenden. 

Sprachlich punktet der Roman mit feinem Humor, die Protagonisten kommen beide zu Wort, jedoch überwiegen die Erinnerung von Stan, der sich oftmals in der Rolle des Erklärers sieht, denn seinem Gesprächspartner fehlen ganz offensichtlich die Zusammenhänge, liegt seine Lebenszeit doch in so weiter Ferne. Die philosophische Reise findet erst dann ein Ende, nachdem die Männer die großen Lebensfragen hinreichend geklärt bzw. sich mit den Ereignissen ausgesöhnt haben. Doch der Tunnel führt nicht wie erwartet ins Licht, er scheint nur eine Zwischenstation gewesen zu sein, die offen lässt, in wieweit Menschen einander auch über den Tod hinaus beeinflussen können. 

Fazit

Ich vergebe gute 4 Lesesterne für dieses interessante literarische Gedankenexperiment, welches den Leser zu eigenen Mutmaßungen über das Leben allgemein und die aktuelle Situation im Besonderen animiert. 

Während der Lektüre habe ich mir auch gerne andere Paarungen vorgestellt, von speziellen Charakteren und ihren Möglichkeiten im gemeinsamen Gespräch, gerade historische Personen hätten mir besonders gut gefallen, denn leider kenne ich mich bei den Komikern nicht so gut aus und die philosophische Seite des Romans hat mich eindeutig mehr inspiriert.

 Dieses Buch ist ein gelungener Unterhaltungsroman, der mit wenig Equipment auskommt und viele Bilder im Kopf des Lesers anregt, wenn man ohne spezielle Erwartungshaltung an die Lektüre herantritt, macht sie viel Freude, kleine Schwächen hat sie trotzdem, aber die kann ich durchaus verzeihen. Vom Autor selbst möchte ich mindestens noch ein weiteres Buch lesen, um mir ein genaueres Bild von seiner Intention machen zu können.