Rezension

Integration verpackt in einer sehr einfühlsamen Geschichte

Sprichst du Schokolade? - Cas Lester

Sprichst du Schokolade?
von Cas Lester

Bewertet mit 5 Sternen

Sprichst du Schokolade? ist die Geschichte von Josie & Nadima. Josie ist Engländerin, 12 Jahre alt und steckt mitten in dem Problem eines Freundschaftsdreiecks. Die beste Freundin von Josie ist Lily, die jedoch eine weitere beste Freundin gefunden hat: Kara - diese und Josie können sich aber gar nicht leiden. Dabei wünscht sich Lily nur, dass alle drei Freundinnen sein könnten, aber so einfach lässt sich ein Zickenkrieg leider nicht auflösen.

Nadima ist neu in der Schule, erst kürzlich mit ihrer Familie aus Syrien gekommen und spricht noch nicht viel bzw. eigentlich gar kein Englisch. Josie beschließt, dass sie wie eine Person aussieht, mit der sie gerne befreundet wäre. Während ihre Klassenkameraden schnell die "Sensationslust" um die neue Mitschülerin verlieren, nimmt sich Josie Namida an, die aufgrund ihrer Legasthenie weiß, wie es sich anfühlt "anders" zu sein und auf eine andere Weise nicht verstanden zu werden. Auf eine amüsante, süße und herzliche Art ist im weiteren Verlauf der Geschichte zu verfolgen, wie Josie Versuche unternimmt, sich mit Nadima anzufreunden. Lächeln, Schokolade, Gestikulation und Emojis ebnen schließlich den Weg zu einer wunderbaren Freundschaft! Beide Mädchen helfen einander auf unterschiedliche Weise. Josie hilft Nadima sich zu integrieren und in dem ihr fremden Land zurechtzufinden, während Nadima eine große Hilfe dabei ist, dass Josie ihre wahren Stärken und ihr Selbstbewusstsein findet.
Doch auf Höhen folgen oft auch bekanntlich Tiefen in einer Freundschaft. Als sich Nadimas schwierige Vergangenheit und ihre Erfahrungen als Flüchtling stückchenweise offenbaren, bringt dies nicht nur Nadimas neues Umfeld zum Schweigen, sondern lässt auch mich bedrückt zurück. Die Autorin erzählt hier schonungslos Nadimas Geschichte, jedoch bleibt sie dabei gleichzeitig, angesichts der Zielgruppe des Buchs, sehr sensibel. Josies Reaktionen sind hier leider etwas unbedacht und ihr nicht so gewolltes Fehlverhalten setzt die Freundschaft aufs Spiel.

Die Charaktere haben mich, bis auf die Lehrerin, überzeugt und punkteten mit Sympathie. Josie zieht mit ihrer Aufmüpfigkeit Probleme magisch an, handelt manchmal etwas zu vorschnell, bevor sie nachdenkt und tritt in Fettnäpfchen, auch wenn sie es gar nicht Böse meinte. Das ist nur menschlich, denn jeder von uns hat schon Fehler gemacht und es ist gar nicht so einfach diese wieder gut zu machen. Mit Nadima wurde ein, trotz ihrer Schüchternheit, unglaublich mutiges Mädchen geschaffen, die sich ebenso wie die Familien der beiden Mädchen sehr ehrlich und authentisch anfühlt und die Geschichte glaubwürdig macht.

Fazit: Trotz des kindlich-jugendlichen und einfachen Schreibstils, ist das Buch auch für Erwachsene lesenswert. In einer Geschichte, in der sich Freundschaft, Familie und (kulturelles, sprachliches sowie allgemein menschliches) Verständnis vereinen, führt die Autorin nicht nur geschickt durch die Schwierigkeiten der Kindheit/Jugend, sondern beleuchtet darüber hinaus einfühlsam und mit leichtem Humor die heiklen und doch zwingenden Fragen der Integration, Zugehörigkeit und Identität, was zu einem Verständnis der Flüchtlingsthematik für jedes Alter beiträgt.