Rezension

Intensiv

Sterben im Sommer - Zsuzsa Bánk

Sterben im Sommer
von Zsuzsa Bánk

Bewertet mit 4 Sternen

Es ist ein schwieriges, emotionales und drückendes Thema, das die Autorin sehr gut durch ihre Gefühle und Gedanken begreiflich macht.

Ein persönlicheres Buch als dieses zu schreiben, dürfte schwierig sein. In „Sterben im Sommer“ erzählt die Autorin Zsuzsa Bánk vom Tod ihres Vaters, der während eines Sommers in der alten Heimat Ungarn erneut an Krebs erkrankt und schließlich einen monatelangen Prozess des Sterbens entgegensieht. Es ist ein schwieriges, emotionales und drückendes Thema.

Indem die Autorin als Tochter vom Sterben erzählt, nimmt das Buch eine interessante Perspektive ein. Häufig geht es in Geschichten um den Protagonisten, der dem Tod entgegensieht, dagegen kämpft und sich damit abfinden muss. Hier wird jedoch beschrieben, wie sich der Tod für eine Angehörige anfühlt, für diejenigen, die hilflos danebensitzen und zuschauen müssen, die sich darauf einstellen müssen ohne einen geliebten Menschen weiterzuleben und schließlich zurückbleiben mit ihrer Trauer.

Bánk schafft es sehr gut ihre Gefühle und Gedanken begreiflich zu machen. Sie findet Vergleiche, erzählt einmal viele Monate im wenigen Sätzen und dann wieder einzelne Momente bis ins kleinste Detail. So bekommt man ein Gefühl davon, wie die Trostlosigkeit mit einer großen Welle über der Autorin zusammenbricht und sie sich gleichzeitig an einzelnen besonderen Erinnerungen festklammert. Wiederholungen geben allem eine drängende Intensität, gleichzeitig reißt es mich etwas aus der Erzählung heraus. In einer so authentischen und persönlichen Geschichte wirken sie zu gewollt und gekünstelt. Eine Herausforderung für mich war auch die Langsamkeit. Die Handlung schleicht voran, hängt sich immer wieder an einem Aspekt, einer Idee, einem Gedanken auf, braucht lange, um einen Punkt abzuschließen. Für mich war das eine Geduldsprobe. Ich wollte schneller vorankommen, kam mir aber unsensibel vor das von der trauernden Autorin zu verlangen. Gleichzeitig hat auch dieses langsame Tempo wieder für eine besondere Intensität gesorgt. Ich konnte nicht einfach über die Eindrücke der Autorin hinweg huschen, musste sie mir anhören und sie nachempfinden. Ich wurde gezwungen mich ihren Emotionen zu stellen und konnte ihre Trauer so besser nachvollziehen.

Wobei mir im Buch immer etwas fehlte: der Vater. Das ganze Buch über erzählt die Autorin von sich, ihren Gefühlen, ihren Erinnerungen. Den Vater lerne ich nie kennen. Er kommt kein einziges Mal zu Wort, bleibt für mich immer ein verschwommener Schatten im Hintergrund. Das hält ihn für mich auf Distanz und lässt ihn für mich zu keiner Person werden, um die ich selbst trauern kann. Trotzdem erlaubt die Geschichte mir Parallelen zu ziehen und wird so sehr emotional.