Rezension

Intensiv erzählter Roman zur Hexenverfolgung

Der Hexenschöffe - Petra Schier

Der Hexenschöffe
von Petra Schier

Bewertet mit 5 Sternen

Der Roman "Der Hexenschöffe" von Petra Schier erschien 2017 im Rowohlt Verlag. Rheinbach im Jahr 1636: Die Zeit der Hexenverfolgung geht in Deutschland um. Hermann Löher betreibt ein von seinem Vater vererbtes Kaufmannskontor und wird mit nur 36 Jahren zum jüngsten Schöffen am Rheinbacher Gericht berufen. Zu dieser Zeit halten Hexenprozesse unter dem zugereisten Hexencommissarius Dr. Möden Einzug. Löher selbst glaubt nicht an Hexerei und hält die Betroffenen für unschuldig. Da sein Schwiegervater als Zauberer vor Jahren ebenfalls verbrannt wurde, gilt seine Frau Kunigunde damit als Angehörige zur "versengten Art". Ein Umstand, der Löher in Angst und Schrecken versetzt, vor allem, als immer mehr Freunde verhaftet und unter Hexenverdacht gestellt werden. Wie kann er dem grausigen Tun ein Ende bereiten und seine Familie schützen?

Hinter diesem Roman steckt eine wahre Begebenheit aus der Zeit der Hexenverfolgungen, die Person des Schöffen Hermann Löhers ist real belegt. Hermann Löher verfasste mit 80 Jahren eine Klageschrift mit dem Titel "Hochnötige untertanige wemütige Klage der frommen Unschültige". Auf diese stützt sich die Autorin in ihrem Buch und macht Löher zum Protagonisten des Hexenschöffen. 

Löher selbst glaubt nicht an Hexerei und hält die Beschuldigungen der Betroffenen für Unsinn. Häufig werden als Gründe Missernten, Unwetter und Todesfälle in den Familien als Grund für Hexerei angeführt. Doch Löher kann gegen den Hexenkommissar nicht viel ausrichten, da er und seine Familie sonst selbst in Gefahr geraten und zur Zielscheibe für Verleumndungen werden. Eine tragische Situation für alle Beteiligten.
Die Hexenhäscher versuchen mit den Anklagen, Rache zu nehmen, ihre Macht und ihren Einfluss darzustellen und außerdem bringt die Verurteilung auch finanzielle Vorteile mit sich. Denn Hab und Gut der Verbrannten wird enteignet und so füllt sich mancher Hexenankläger die eigene Tasche mit dem grausam erstrittenen Geld. Besonders bei reichen Kaufleute ergibt sich eine erträgliche Summe.

Löher kann nicht verhindern, dass das erste Opfer, die unbescholtene Frau Marta, als Hexe verurteilt wird. Unter Marter und unsäglichen Schmerzen wird ihr Hexengeständnis erzwungen. 
Die peinliche Befragung und Folter wird im Buch näher erklärt, man hat die drastischen Mitteln deutlich vor Augen und ist bestützt über so viel Grausamkeit. Doch damit veranschaulicht die Autorin auch realistisch, zu welch entsetzlichen Foltermethoden damals gegriffen wurde. Mit Aberglauben, Dummheit und auch berechnender Missgunst fielen so viele Menschen der Hexenverfolgung zum Opfer.

Petra Schier kann historische Romane mit viel Intensität und Gefühl schreiben. Intrigen, Liebe, Gier und Rachsucht spielen auch in diesem Roman eine große Rolle. Petra Schier zeichnet ihre Charaktere mit großer Ausdrucksstärke und glaubhafter Darstellung, sodass man als Leser ihnen gut und gespannt folgen mag.

Der Roman rüttelt den Leser auf, aber er unterhält auch mit Einblicken aus dem Leben und Handeln der Familie Löher und deren Freunden und Nachbarn. Es zeigt das Alltagsleben in einer vielköpfigen Familie, man erlebt Liebe oder erzwungene Heirat, viel Klatsch und Tratsch und allerhand Brauchtum. Besonders interessant war für mich die Tradition der Reihjungen mit dem Brauch der Mailehen, auch anderswo Schlutgehen genannt. Hierzu gibt Frau Schier in einem Nachwort umfassend Auskunft.
 

Ein emotional aufwühlender und kurzweiliger Roman zu den Hexenprozessen in Rheinbach, der sich auf wahre Begebenheiten stützt.