Rezension

Intensiv und überraschend

Kosmetik des Bösen - Amélie Nothomb

Kosmetik des Bösen
von Amélie Nothomb

Bewertet mit 5 Sternen

Der Name war mir zwar schön öfter begegnet, aber gelesen hatte ich von der Autorin Amélie Nothomb bislang noch nichts. Da mir "Kosmetik des Bösen" eines ihrer bekanntesten und am meisten gelobten Bücher zu sein schien, wollte ich die Schreibweise der Autorin, die ihre Romane vorzugsweise in Dialogform verfasst, dadurch kennen lernen. Ich wurde nicht enttäuscht.

Diese Geschichte spielt im Wartesaal eines Flughafens, wo der Geschäftsmann Jérôme Angust erfährt, dass sein Flug um unbestimmte Zeit verschoben wurde. Als sich ein Mann neben ihn setzt, der sich als Textor Texel vorstellt, und ihm auf aufdringlichste Weise von seinem Leben erzählen will, versucht sich Jérôme erst sanft, dann jedoch immer unmissverständlicher zu entziehen. Nachdem auch ein Sitzplatzwechsel und Drohungen nicht helfen, ergibt er sich schließlich widerwillig in ein Gespräch voller seelischer Abgründe, in dem sein Gegenüber seine dunkelsten Seiten offenbart.

Als Leser durchlebt man mit Jérôme unterschiedlichste Gefühlszustände und kann einen spannenden Wandel dieses Charakters verfolgen. Die Verärgerung und das genervt sein von dem lästigen Sitznachbarn ist nachvollziehbar dargestellt und man kann über die Dreistigkeit des Textor Texel nur den Kopf schütteln. Man empfindet Mitleid für das vermeintliche Opfer, das mit einem erzwungenen Gesprächspartner gestraft ist, der Widerwärtiges und Abstoßendes über sich zu erzählen weiß und dazu noch einen gewalttägigen gewissenlosen Eindruck macht. Während Jérôme anfangs noch unbeeindruckt mit bösem Sarkasmus auf Textors Erzählungen reagiert, was beim Lesen doch das ein oder andere amüsierte Schmunzeln hervorruft, lässt er sich doch immer mehr auf einen Dialog ein, der schließlich eine überraschende Wendung bringt.

Allein durch das Gespräch dieser beiden Personen, die im Flughafen nebeneinander sitzen, wird diese Geschichte erfahrbar. Was auf den ersten Blick eintönig klingen mag, ist es auf keiner Seite dieses Buches. In flüssiger Schreibweise und durch interessante, lebendige und teils bösartige Dialoge erzählt die Autorin meisterhaft diese Geschichte von Vergewaltigung, Mord und tiefgehenden seelischen Abgründen. Als Leser fliegt man durch dieses Buch und folgt gespannt den überraschenden Entwicklungen.

Nach Beendigung dieses Romans habe ich ihn erstaunt durchgeblättert und einige Stellen gleich nochmal gelesen, um die Dialoge auf eine nun um die Hintergründe wissende Weise neu zu erfahren. "Kosmetik des Bösen" war für mich eine besondere Leseerfahrung und ich möchte unbedingt noch mehr von der Autorin lesen, weshalb ich für dieses Buch eine unbedingte Leseempfehlung aussprechen kann.