Rezension

Interessant und lesenswert

Ida - Katharina Adler

Ida
von Katharina Adler

Bewertet mit 4 Sternen

Katharina Adler hatte eine Großmutter, deren Lebensgeschichte außergewöhnlich war und die wohl ein Buch wert ist. 
Hier erzählt sie von ihr, von Ida, die vielleicht zu klug und zu eigenwillig für ihre Zeit war und die von ihren Eltern eher zur Behandlung beim Doktor Freud gegeben wurde als ihr zu glauben, ein Freund der Familie könnte ihr zu nahe getreten sein. 
Originell und einfühlsam wird mit Idas Leben ein Zeitportrait erstellt. Ende des 19. Jahrhunderts stehen Konventionen Individualismus im Weg. Es ist schwer, sich davon zu lösen, allemal, wenn man ein junges Mädchen ist. 

Der Herr Doktor ist in aller Munde mit seinen innovativen Heilmethoden, die gegen jedes Leiden zu helfen scheinen. Diesen Aspekt des Buches fand ich am interessantesten, aber Idas Leben ging natürlich weiter. Sie erlebt zwei Kriege, ist noch dazu Jüdin und ihr Bruder Otto ein engagierter Sozialdemokrat im dritten Reich, jede Menge Zündstoff. 

Ganz leicht macht es einem das Buch nicht. Momentaufnahmen des Geschehens wechseln schnell und springen durch die Zeit. Am Ende hat man ein Bild, aber auch Lücken. Gerade zum geschichtlichen Aspekt hätte ich mir manchmal mehr Informationen gewünscht. Idas Flucht aus Europa muss abenteuerlich und gefahrvoll gewesen sein, ist hier aber etwas zu kurz gekommen. Ottos politischem Werdegang kann man bisweilen kaum folgen. Zu schnell treten zu viele Akteure auf, die man nicht einsortieren kann. Ein bisschen hat man das Gefühl, der spannende Teil der Geschichte ist abgehandelt, der Vollständigkeit halber musste man aber noch den zweiten Weltkrieg unterbringen.
Trotzdem fand ich das Buch interessant und lesenswert. Es erzählt von einer spannenden Frau, von Österreich in Krieg und Frieden und von einem Arzt, der die Medizin revolutionierte, auch wenn sein Genie vielleicht fragwürdig ist.