Rezension

Interessant und nachdenklich stimmend

Draußen wartet die Welt - Nancy Grossman

Draußen wartet die Welt
von Nancy Grossman

Cover:
Ich finde das Cover wunderschön Zum einen gefallen mir die warmen Farben, zum anderen stellen die Schmetterlinge, die in dem Glas gefangen sind, perfekt den Inhalt dar.

Meinung:
Ich habe mich bisher nie wirklich mit den Amish beschäftigt und war deshalb besonders interessiert daran, wie die Darstellung dieses Volkes gemeinsam mit der Handlung eines Jugendbuches umgesetzt wird.
Eliza lebt gemeinsam mit ihrer Familie in einem Dorf. In diesem Dorf gibt es keine Elektrizität, kein fließendes Wasser, nichts, was für uns alltäglich ist. Doch immer mehr Zweifel plagen sie, sie ist neugierig auf die Welt, wie wir sie kennen und bittet ihre Eltern darum, für einige Zeit zu den „Englischen“ zu gehen, um das andere Leben kennenzulernen.
Ich war erstaunt, wie viel man über die Amish erfährt. Die ersten 100 Seiten drehen sich sehr detailliert darum, wie Elizas Leben aussieht. Es werden unbewusste Fragen beantwortet, wie man zum Beispiel Wäsche wäscht, das Essen herrichtet und was man ohne Computer, Internet und Spielekonsole überhaupt mit seiner Freizeit anfängt.
Gleichzeitig erhält man aber auch sehr viele Informationen über die Regeln, die in dieser Gemeinschaft herrschen. Was das Zusammenleben von Frau und Mann angeht, was man tun darf, was nicht (zum Beispiel sind Piercings und Tattoos nicht erlaubt) und dergleichen. Hier war ich sehr beeindruckt von der Tiefe des Detailwissens der Autorin. Man hatte das Gefühl, dass sie genau weiß, wovon sie spricht und es ist ihr sehr gelungen, die Infos so einzubauen, dass sie trotzdem Teil der Handlung waren und nicht nur aus Infodump bestanden.
Gut war auch, dass jegliche Darstellungen dieser Lebensart weder wertend, noch abwertend waren. Sie wurden neutral geschildert, sodass man sich selbst als Leser ein Meinungsbild darüber schaffen kann und gleichzeitig habe ich mich gefragt, ob all diese technischen Geräte das Leben wirklich so viel einfacher machen…
Als Eliza bei Rachel die Chance erhält, ihr im Haushalt zu helfen, während sie ihre Studienarbeit schreibt, wird Eliza ins Leben „draußen“ entlassen. Sie kauft sich normale Kleidung und tut all das, was für uns normal und alltäglich ist.
Hier fiel mir auf, dass der Autorin gelungen ist, alltägliche Dinge mit völlig neuen Augen zu betrachten und sie so geschickt zu beschreiben, als würde man selbst das erste Mal im Kino sitzen. Das erste Mal einen iPod sehen, das erste Mal mit dem Fernseher umgehen. Das hat mir sehr gut gefallen, weil ich dadurch eine große Nähe zu Eliza finden konnte.
Eliza war mir durchweg sympathisch. Auf der einen Seite ist sie etwas naiv, was ihrer Unwissenheit geschuldet ist, aber ich empfand diese Haltung keineswegs als nervig oder anstrengend, denn sie war berechtigt. Teilweise haben sich genau daraus witzige Dialoge ergeben, die mich oft zum Schmunzeln gebracht haben. Immer wieder werden durch Elizas Verhalten und ihre Gedanken deutlich, dass sie hin und her gerissen ist, was sie im Leben will. Sich den bekannten (und für sie teilweise langweiligen) Konventionen beugen, oder sich in eine Welt einfügen, in der sie sich ständig erklären muss und vielleicht aneckt? Dieser Konflikt wurde sehr gut dargestellt, wodurch meine Sympathie gleichzeitig wuchs.
Es geht schnell, mir persönlich zu schnell, als Eliza Josh kennenlernt und diese sich nach und nach ineinander verlieben. Probleme dahingehend sind also vorprogrammiert, die ich etwas langweilig dargestellt fand. Josh war mir leider so gar nicht sympathisch. Die ganze Zeit über hatte ich das Gefühl, dass Eliza nur interessant für ihn ist, weil sie eine Amish ist. Dieser Eindruck wurde von dem Verhalten seiner Freunde noch verstärkt. Die Liebesbeziehung war in meinen Augen nicht wirklich glaubwürdig und das hat mich gestört.
Das Ende, was durch viele weitere Faktoren mitbestimmt wird, die ich hier aber nicht erwähne, fand ich teils gut, teils schlecht. Gut fand ich, dass man bis zum Ende nicht weiß, für welche Welt Eliza sich entscheiden wird. Schlecht fand ich, dass das Ende recht offen ist. Hier hätte ich mir einen Epilog gewünscht, der Elizas Lebenssituation nach ein oder zwei Jahren noch einmal betrachtet.

Fazit:
Ein gutes Buch, wenn man sich mit dem Volk der Amish auseinandersetzen möchte. Man erhält viele Informationen über die Lebensgewohnheiten und Regeln. Eliza ist eine sehr sympathische Protagonistin, lediglich mit Josh hatte ich so meine Probleme. Das Ende ist etwas abgehackt und offen, was auf der einen Seite ganz gut ist, auf der anderen Seite aber auch schade. Ich kann das Buch dennoch empfehlen.