Rezension

interessante & brisante Thematik, leider etwas zäh umgesetzt

Ich bin Tess - Lottie Moggach

Ich bin Tess
von Lottie Moggach

Die Thematik von "Ich bin Tess" ist brisant und wieder einmal etwas ganz Neues. Sterbehilfe ist ja ein heiss diskutiertes Thema, doch wie sieht es mit Online-Suizid-Hilfe aus?

Das Buch ist aus der ich-Perspektive von Leila erzählt, es ist eigentlich ihr Bericht über dieses gewagte Projekt 'Tess'. Nachdem ihre Mutter gestorben ist, lebt sie total abgeschottet in einer winzigen Wohnung und verbringt die meiste Zeit an ihrem Laptop. Facebook und seinen dubiosen Statusmeldungen steht sie eher kritisch gegenüber, dafür zockt sie umso lieber Onlinespiele. Dann stösst sie auf das Internetforum "Red Pill", in dem über Gott und die Welt debattiert und philosophiert wird. Schnell wird einem klar, dass Leila sehr intelligent ist und das bleibt auch dem Administrator der Seite nicht verborgen und bald wird sie in einen inneren Kreis aufgenommen und sogar zu einem Treffen eingeladen.
Da Leila sehr fasziniert ist von Adrian, geht sie darauf ein. Den beiden geh der Gesprächsstoff nicht aus, doch plötzlich rückt Adrian mit seinem eigentlichen Anliegen heraus: Er möchte, dass Leily Tess hilft. Diese wollte schon lang Suizid begehen, möchte aber Freunde und Familie nicht traurig zurück lassen. Aus diesem Grund soll Leila virtuell ihr Leben übernehmen.

Nur kurz stellt sich für Leila die Frage, ob sie dieses doch sehr gewagte Projekt übernehmen soll, doch sie ist der Meinung, dass jeder das Recht über die Bestimmung seines eigenen Lebens hat und somit auch über den eigenen Tod.

Somit beginnt für Leila eine langwierige Recherchearbeit und für mich als Leser ein doch recht zäher Teil, durch den ich mich stellenweise durchbeissen musste. Leila muss nämlich Tess ganz genau kennnlernen. Wer sie ist, wie sie agiert, reagiert, denkt und schreibt.
Tess ist das totale Gegenteil von ihr. Sie ist offen, bunt, laut ..... aber eben auch manisch-depressiv, was auch der Grund für diesen Ausstieg aus dem Leben ist.
Leila hat ein detailliertes Leben für Tess entworfen und nach deren Auschecken übernimmt sie alle Kontakte von ihr. Da sich ihr Leben fast ausschliesslich vor dem Bildschirm sitzt, wächst sie immer mehr in Tess' Rolle hinein und langsam aber sicher vermischen sich ihre beiden Identitäten. Doch es kommt wie es kommen muss: Ihre hart erarbeitete Fassade bekommt zuerst nur kleine Risse und beginnt dann zu bröckeln ....
Und an dieser Stelle nimmt die Geschichte an Fahrt auf und konnte mich im letzten Drittel doch noch faszinieren.

Fazit:
"Ich bin Tess" tischt einem ein äusserst schwieriges Thema auf, das die meisten von uns bestimmt moralisch nicht unterstützen könnten. Umso interessanter ist die Thematik.
Leider konnte mich Lottie Moggach erst im letzten Drittel des Buches packen, zuvor musste ich mich durch eine doch recht zähe Kennenlern- und Recherchephase arbeiten.