Rezension

Interessante Charaktere und sehr viele Probleme

Duft der Stille - Angelika Lauriel

Duft der Stille
von Angelika Lauriel

Bewertet mit 3 Sternen

Laura leidet unter ihrer überfürsorglichen Mutter, Jacob unter einem schweren Trauma. Die schönste Stunde ist für beide, wenn Jacob täglich zur gleichen Zeit an ihrem Zaun steht. Obwohl sie noch nie miteinander gesprochen haben, verleiht ihnen dieses stille Ritual innere Ruhe.

Laura wohnt mit ihrer überfürsorglichen, alleinerziehenden Mutter in einem schönen Haus. Ihre Mutter kontrolliert alle Bereiche des Lebens, projiziert eigene Verlustängste auf die Tochter und lässt Laura keine Möglichkeit sich selbst zu verwirklichen. Am liebsten würde sie aus dieser Enge ausbrechen. Der einzige Lichtblick des Tages ist, wenn Jacob wie ein stiller Schutzengel an ihrem Zaun erscheint und ihr zulächelt. Seit Jahren finden beide Trost in diesem stummen Ritual, denn sie haben tatsächlich noch nie miteinander gesprochen.

Beide haben Angst die friedliche Harmonie zu zerstören. Als Jacob sieht, wie Laura eines Tages mit einem Freund auftaucht, muss er sich seinen eigenen Gefühlen für sie stellen. Er will nicht länger schweigen, sondern wirklich an Lauras Leben teilhaben. Doch bevor er sich wirklich aufraffen kann, nehmen ihm der Zufall und das Leben die Entscheidung ab.

Der Roman wird abwechselnd von Laura in der Ich-Form und in der personalen Erzählform aus Jacobs Perspektive erzählt. Alle Charaktere sind sehr realistisch mit ihren Problemen und Eigenheiten beschrieben. Besonders ergreifend ist die zunehmende Liebe und Verzweiflung von Jacob. Er ist taubstumm, sehr introvertiert und sensibel. Als er sich schließlich überwindet Laura zu kontaktieren, muss er feststellen, dass er in ihren Gedanken nicht ganz so viel Raum einnimmt wie sie in seinen. Bei Laura habe ich etwas länger gebraucht, um sie sympathisch zu finden. Besonders zu Beginn des Buches wirkt sie oberflächlich, egoistisch und unnahbar. Sehr interessant beschrieben ist, wie sich die tiefen Verlustängste der Mutter auf das Leben ihrer Tochter auswirken.

Im Buch werden sehr viele persönliche aber auch gesellschaftliche Probleme wie Mobbing, Intoleranz, Ausgrenzung, Gewalt in der Familie, psychische Störungen und Vorurteile gegen Menschen mit Einschränkungen thematisiert. Es ist fast ein wenig zu fiel und drängt die leise, zarte Anbahnung einer romantischen Beziehung weit in den Hintergrund. Dabei sind die verzweifelten Liebesbriefe und der starke Wunsch Jacobs sich ausdrücken zu können so unglaublich nachvollziehbar und intensiv beschrieben, dass ich auf einige andere Probleme in der Geschichte durchaus verzichten könnte.

Zu empfehlen ist die Geschichte für Mädchen ab vierzehn Jahre.