Rezension

Interessante Fälle, der Rest des Buches mit deutlichen Längen

Die Geister, die mich riefen - Walter von Lucadou, Peter Wagner

Die Geister, die mich riefen
von Walter von Lucadou Peter Wagner

Bewertet mit 3 Sternen

Inhalt und Meinung:

"Der Spuk ist ihre [Annemaries] psychosomatische Reaktion, die sich in ihrer Umgebung auswirkt." -S.175

Der Autor Walter von Lucadou glaubt nicht an Geister im eigentlichen Sinne. Er bezweifelt, dass Dämonen oder bösartige Wesen uns das Leben schwer machen wollen, sondern er geht davon aus, dass es bei einer paranormalen Erscheinung eine Fokusperson gibt, durch die der Spuk ausgelöst wird, möglicherweise auf Grund unverarbeiteter Probleme. Zwar will er die Möglichkeit, dass Verstorbene mit uns aus dem Jenseits Kontakt aufnehmen und Botschaften übermitteln wollen, nicht komplett ausschließen, hält seine Theorie allerdings für wahrscheinlicher.

Von Lucadou ist Gründer der einzigen parapsychologischen Beratungsstelle in Deutschland, seit 1989 hilft er Menschen die meinen etwas Paranormales erlebt zu haben oder auch Angehörigen, die um Rat oder Informationen bitten wollen. Wer jetzt erwartet, dass er im Stile von den "Ghosthuntern" mitten in der Nacht auf Friedhöfen oder alten Burgen campiert um EMP-Aufnahmen zu machen, der wird enttäuscht werden. Er arbeitet hauptsächlich von seinem Büro aus und erhält tägliche Telefonanrufe, Briefe oder Emails, von denen er einige ausgewählt hat, um sie dem Leser vorzustellen und anhand dieser aufzuzeigen, wie er mit solchen Situationen umgeht und was er den Betroffenen in solchen Fällen erklärt.

Die Fälle selbst fand ich interessant und die Vorstellung, dass einem selbst so etwas auch einmal passieren könnte, durchaus etwas gruselig, allerdings sollte man auch keine Hollywoodblockbuster-Storys erwarten. Er unterteilt die verschiedenen Geschichten im Buch in vier Kategorien von denen er jeweils Beispiele bringt: 1. Geister und Erscheinungen, 2. Wahrträume, 3. Telepathie und Hellsichtigkeit und 4. Spuk.

Die Gestaltung um die Fälle herum fand ich jedoch leider ziemlich daneben. Es sollte wohl ein typischer Alltagstag von Herrn Lucadou gezeigt werden, jedoch ist es mir schlichtweg egal, ob er an dem Tag einen oder zwei Äpfel gegessen hat, ob seine Kollegin ihm möglicherweise etwas zum Mittagessen mitbringen solle und weiteren verschiedensten öden Nichtigkeiten. Was bedeutet, dass sich stellenweise das Buch einfach tierisch zieht. Auch, dass er sich angeblich mit 5! Jahren stundelang den Kopf darüber zerbrochen hat, wie ein Radio funktioniert und die Tatsache, dass er sich noch so haargenau daran erinnert und schließlich auch noch wie verschiedenste Arbeiten hießen, die er während seines Physikstudiums verfasst hat, lassen mich doch eher die Augen verdrehen. Who cares? Stattdessen hätte er lieber noch ein paar Fälle mehr, von denen er doch so wahnsinnig viele zugesendet bekommt, einbauen können.

Der Satz des Klappentextes: "Findet erstmals glaubwürdige Antworten darauf, warum es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als unsere Schulweisheit sich erträumen lässt." - ist viel zu hochgegriffen und verspricht eindeutig zuviel. Es wird nichts bewiesen und viele Aussagen bleiben eher vage.

Nichtsdestrotz scheint von Lucadou ein durchaus sympathischer Mensch zu sein, der ehrliches Interesse daran hat, Menschen die nicht mehr weiterwissen und von ihrer Umgebung als Spinner abgestempelt werden, zu helfen. Man darf keine spektakulären neue Theorien oder Erkenntnisse erwarten oder gar Beweise für übernatürliche Existenzen, wer jedoch glaubt, dass durchaus Dinge existieren könnten, die man mit dem momentanen Stand der Wissenschaft nicht erklären kann, der kann sich hier von einigen interessanten Fällen unterhalten lassen und die langweiligen Passagen vielleicht einfach querlesen^^