Rezension

Interessante Familiengeschichte

Altenstein - Julie Von Kessel

Altenstein
von Julie von Kessel

Bewertet mit 4 Sternen

Im Winter 1944/1945 muss Gräfin Agnes von Kolberg schwere Entscheidungen treffen, denn sie ist nicht nur für ihre gemeinsamen Kinder , die aus der Ehe mit ihrem Mann Kuno von Kolberg hervorgegangen sind, verantwortlich, sondern auch noch für die, die beide mit vorherigen Ehepartnern haben. Die Lage in Ostpreußen wird immer gefährlicher und so entschließt Agnes sich dazu, ihre Kinder nach Brandenburg auf das Gut "Altenstein", das sich ebenfalls im Besitz der von Kolbergs befindet, zu schicken. Doch auch "Altenstein" müssen die von Kolbergs auf der Flucht vor dem Krieg verlassen, bevor sie sich schließlich in Bonn niederlassen. Dort lebt die Familie in eher bescheidenen Verhältnissen. Die Kriegserlebnisse und das Wesen der selbstherrlichen Mutter, die ihre Familie mit strengem Regiment führt, prägen die Kinder. Den jüngsten Sohn Konni, der der erklärte Liebling der Mutter ist, und seine nächstältere Schwester Nona, schweißen diese Erfahrungen besonders eng zusammen. Sie sind lebenslang füreinander da und unterstützen sich bei allem, was das Leben für sie parat hält. Nach der Wende wittert Konni seine Chance, Gut Altenstein zurückzugewinnen. Das Geld, das dafür nötig ist, hat er allerdings nicht und deshalb bittet er eine seiner älteren Schwestern um Hilfe. Doch letztendlich entbrennt ein bitterer Streit um das Gut....

Das Buch beginnt mit einer Auflistung der Familienmitglieder, die in dieser Geschichte eine zentrale Rolle spielen. Diese ist sehr hilfreich, um die Personen und ihre Verbindungen untereinander richtig zuzuordnen. Denn bei der Vielzahl der Charaktere fällt es zunächst nicht leicht, die Personen und ihre Beziehungen zu- und untereinander richtig zu durchschauen. Deshalb empfiehlt es sich, besonders den Anfang, konzentriert zu lesen, damit man dem Handlungsfaden folgen kann.

Da die Handlungsorte und Charaktere allerdings lebendig beschrieben werden, kann man sich die Szenen  sehr gut vorstellen und sich nach und nach ein Bild von der Familie und den jeweiligen Lebensumständen machen, sodass man der Handlung dann mühelos folgen kann. Die einzelnen Familienmitglieder sind sehr unterschiedlich. Jeder hat seine Besonderheiten und Eigenarten. Dadurch wirken die Charaktere sehr authentisch.  Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven und auf unterschiedlichen Zeitebenen erzählt. Man springt beim Lesen recht unsortiert in den Zeiten hin- und her.  Da diese Wechsel aber gut gekennzeichnet sind, ist man sich stets bewusst, zu welcher Zeit sich die beschriebene Handlung gerade zuträgt. 

Der Schreibstil der Autorin ist recht anspruchsvoll. Dennoch kann man der Erzählung mühelos folgen und ihre Schilderungen genießen. Denn dieser Schreibstil passt hervorragend zur Handlung. Allerdings wirkt er eher distanziert, sodass man das Gelesene  mit etwas Abstand betrachtet und keine besondere Beziehung zu den einzelnen Charakteren entwickelt. Obwohl man die Geschichte der einzelnen Protagonisten mit Interesse verfolgt, fiebert man nicht richtig mit ihnen mit.

Ich habe mich beim Lesen dieses Romans dennoch sehr gut unterhalten. Der Schreibstil hat mir ausgesprochen gut gefallen und da ich ein großer Fan von Familiengeschichten bin, kam ich hier voll auf meine Kosten. Auf meiner persönlichen Bewertungsskala bekommt das Buch deshalb auch vier von fünf möglichen Sternen. Das eine ziehe ich ab, da mir die Distanz, mit der ich das Geschehen betrachtet habe, ein wenig zu groß war.