Rezension

Interessante Geschichte, aber schlecht durchdachte Zukunftswelt

Die Banner von Haven - Carrie Vaughn

Die Banner von Haven
von Carrie Vaughn

Eine neue Welt, entstanden nach dem teilweisen Untergang der heutigen Welt. Ein neues Konzept zur kontrollierten Geburtenrate. Ein Krimifall und eine Liebesgeschichte. Die Erzählung hat viele unterschiedliche Gesichter zu bieten, doch nicht alle haben mir gefallen.

Zuerst, der Schreibstil hat mir einigermassen gefallen. Es war leicht zu lesen, floss natürlich und besonders die direkte Reden konnten mich unterhalten. Die Beschreibungen waren zwar nicht die ausgezeichnetsten und fantasievollsten, die ich jemals las, aber auch sehr anschaulich. Fantasievoll war vor allem die Idee zur neuen Welt. Und da beginnt auch schon das Problem...

Manchmal versuche ich neue Genres. Manchmal gefallen sie mir, manchmal weniger. Grundsätzlich war ich mit diesem Buch sehr zufrieden, dennoch hatte ich meine Zweifel bezüglich des ganzen Zukunftsding. Erstens der Titel: Obwohl die Banner - egal ob von Haven oder in anderen Ortschaften - oft genannt werden und sie ein anzustrebendes Ziel für praktisch alle  sind, so geht es in erster Linie um zwei andere Geschichten; den Mordfall und die Liebesgeschichte von Enid und Dak, einem musizierenden Wanderer. Die Geschichte wir somit auch in zwei Zeitabschnitten erzählt. Einmal im Heute, der Mordfall, und dann in der Vergangenheit, Enid und Daks Geschichte. Und natürlich hängen diese Geschichten zusammen am Schluss, doch ich will nichts vorweg nehmen.

Die neue Welt war sehr authentisch, was die Beschreibungen der Landschaft angeht. Beton- und Stahltrümmer, Wüsten, primitive Häuser und Bauernhöfe, die man wieder aufgebaut hat als wäre man nach der Apokalypse zurück ins Mittelalter oder noch früher katapultiert worden. Die Leute leben wieder von Agrarkultur und Fischerei hauptsächlich. Einige Maschinen und Gegenstände haben von der Vorzeit überlebt. Die Autorin nennt als Vorzeit die Zeit vor den apokalyptischen Stürmen, also dem Jetzt und Heute des Lesers. Obwohl die Idee grundsätzlich sehr interessant ist, fand ich die Auswahl der Gegenstände sehr arbiträr. Eine Bohrmaschine, ok. Nutzlose Computer, ok. Aber Implantante zur Verhütung und Impfstoffe, obwohl die dazugehörigen Forscher ausgestorben sind und nur wenige Ärzte das Wissen weitertragen? Wie kommt es, dass es für alle Mädchen, die 18 Jahre alt werden, obligatorisch wird, sich ein Verhütungs-Implantant in den Arm stechen zu lassen, bis sie sich ein Banner verdienen und somit schwanger werden dürfen - jedoch andere einfache medizinische Stoffe, die Verhütungspille, das Kondom...alles ausgelöscht wurde? Ich meine, wir sprechen von apokalyptischen Stürmen, da kann schon was kaputt gehen. Aber mir scheint es, als hätte die Autorin einfach einen Grund erfunden, alles zu limitieren, was sie will und am Leben erhält, was für ihre Geschichte funktioniert. Leider grosser Minuspunkt.

Auch die Liebesgeschichte zwischen Enid und Dak fand ich etwas schade. Der Aufbau, ihre Abenteuer zusammen und die Entwicklung der Beziehung empfand ich als authentisch, wenn auch naiv, aber gefühlvoll und mitreissend erzählt. Nur das Ende war enttäuschend und irgendwie platt. Der Mordfall war wohl das spannenste an der ganzen Erzählung. Ein Mysterium, ein Rätsel für Enid und den Leser und es passieren unterschiedliche Kleinigkeiten, die die Aufklärung erschweren.

Das Buch konnte mich unterm Strich gut unterhalten. Es gibt jedoch ziemlich Abzüge für die Zukunftswelt, die ich wenig durchdacht und eher willkürlich empfand und den Mix an Genres, die für sich alleine funktionieren, aber zusammengewürfelt an Effekt verlieren. Pluspunkte hingegen für die Figuren, die Beschreibungen und Gespräche.

3.5 / 5 Sterne