Rezension

Interessante Geschichtsstunde

Die Lilien-Reihe 1: Die Stunde der Lilie - Sandra Regnier

Die Lilien-Reihe 1: Die Stunde der Lilie
von Sandra Regnier

Bewertet mit 4 Sternen

Julia ist 16 Jahre, geht auf die Realschule, gilt als Bücherwurm, mag Geschichte und hat Probleme in Französisch.

Mit ihrer Freundin Nina reitet sie zu einer keltischen Ausgrabungsstelle. Dort fallen ihr weiß-blaue Lilien auf, kurz bevor ein Keiler auf sie zukommt. Das Pferd wirft sie ab. Anrufen geht nicht, denn sie hat ihr Handy bei Nina liegen gelassen. Da erscheint ein eigenartig gekleideter Reiter und nimmt sie mit. Sie glaubt, in einer Filmkulisse gelandet zu sein. Doch dem ist nicht so. Sie befindet sich im Frankreich des Jahres 1677.

Die Autorin hat einen gelungenen Zeitreiseroman geschrieben. Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Zu Julia hatte ich mich schon oben geäußert. In Frankreich gibt sie der König als Mündel zu Etienne, Graf von Montsauvan. Er ist für sie ein strenger Lehrer.

Die Verhältnisse in Frankreich werden ausführlich beschrieben. Deutlich wird, dass das Schloss von Versailles gerade im Bau war und auch Paris zum großen Teil nicht so aus sah, wie es Julia aus ihren Frankreichbesuch kannte. Intrige, Missgunst und Neid spielen am französischen Hof eine entscheidende Rolle. Logisch, da für viele der Lebensstandard von ihrer Stellung am Hofe abhing. Eine plötzlich neu auftauchende junge Frau wurde daher nicht von allen freudig willkommen geheißen.

Julia muss lernen, sich in die neuen Verhältnisse zu schicken. Ab und an rutschen ihr dabei Dinge raus, die sie eigentlich nicht wissen kann. Erstaunlich spät stellt sich Heimweh bei ihr ein. Mag sein, dass die vielen neuen Eindrücke und Aufgaben sie von ihrem bisherigen Leben abgelenkt haben, aber ich hätte öfter die Sehnsucht nach Familie und Freunden erwartet.

Außerdem fehlt mir ein kurzer Blick in unsere Zeit. Wie hat die Mutter auf das Verschwinden reagiert?  Es kann auch sein, dass der Zeitverlauf in der Vergangenheit für die Gegenwart nur ein Augenblick ist, und deshalb niemand das Verschwinden registriert hat.

Julia kann ihre Kenntnisse und Erfahrungen häufig nutzen. Das hebt sie von den anderen ab.

Ab und an erscheinen im Text Briefe von Madame Sèvègnè. Dadurch erfahre ich als Leser nicht nur, was man am Hofe über Julia denkt, sondern auch, welche weltpolitischen Ereignisse gerade präsent sind.

Das Buch lässt sich zügig lesen. Der Schriftstil ist leicht und locker. Manche humorvolle Bemerkung von Julia trifft auf den Ernst von Etienne.

Im Nachwort erläutert die Autorin, was Realität und was Fiction ist.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es spricht die Sprache der jugendlichen Zielgruppe und gibt deren Lebensgefühl wieder. Gleichzeitig erfährt man als Leser eine Menge über das Leben zur Zeit des Sonnenkönigs.