Rezension

Interessante Grundidee, aber wie schwarzes Wasser undurchsichtig und unklar

Aus schwarzem Wasser
von Anne Freytag

Bewertet mit 3 Sternen

Maya, die Tochter der Innenministerin, wacht nach einem Unfall, bei dem ihre Mutter starb, in einem Leichensack im Krankenhaus lebendig auf, nachdem sie offiziell für tot erklärt wurde. Wie kann sie noch leben, obwohl sie schon tot ist? Die Beantwortung dieser Frage führt zu unfassbaren Erkenntnissen von immenser Tragweite. „Du kannst niemandem trauen, sie stecken alle mit drin“ ist das Letzte, was Majas Mutter zu ihrer Tochter sagte. Maja ahnt nicht, wie Recht ihre Mutter damit hat...

 

Anne Freytag schreibt sehr präzise und stimmig, wechselt in den kurzen Kapiteln immer wieder die Sichtweise, mal nimmt sie die Ich-Perspektive von Maja ein, dann stehen andere Personen wie Majas Mutter oder Daniel im Mittelpunkt des Geschehens. Die oft kurzen abgehakten Sätze passen perfekt zu Majas Gefühlslage, die, ständig aufgewühlt, kaum zur Ruhe kommt, wirken aber manchmal auch übermäßig hektisch und sehr nüchtern.

 

Mit Anne Freytags Charakteren habe ich große Schwierigkeiten. Protagonistin Maja blieb mir recht fremd, zeigte sich ziemlich unnahbar, ja fast hölzern. Die meisten anderen Personen scheinen extrem berechnend, gefühlskalt und einfach unangenehm. Was die einzelnen Figuren emotional miteinander verbindet, erschloss sich mir kaum. Zur Verteidigung der Autorin sei hinzuzufügen, dass auf der Charakterisierung der Figuren, ihrer Beziehungen nicht das Hauptaugenmerk liegt. Die Handlung des Romans geht weit über die Figurenkonstellation hinaus.

 

„Aus schwarzem Wasser“ hat mich definitiv in vielerlei Hinsicht überrascht. Das fängt schon bei der Einordnung des Buches in ein Genre ein. Ich hatte eine Psychothriller erwartet, diese Klassifizierung trifft es allerdings nur sehr bedingt. Es sind Elemente aus Science Fiction, Mystery und Spionagethriller zu erkennen. Der Roman ist genauso auch Umweltkrimi, der den aktuell verschwenderischen Umgang mit Ressourcen stark anprangert. Sehr vielfältig das Ganze, daher auch recht unbestimmt und undurchsichtig. Die Handlung ist zweifelsohne über weite Strecken fesselnd, spannend, oft auch ziemlich gruselig und einige Szenen gar „abartig“ abstrus. Das Ende empfand ich als ziemlich verworren, zu extrem. Ein interessantes, ungewöhnliches Buch, aber für mich zu undurchsichtig und schwer fassbar. Mitunter entsteht der Eindruck, insbesondere zum Finale hin, dass sich die Autorin etwas verzettelt, den roten Faden verliert. Ich hätte mir mehr Klarheit und Struktur, weniger komplexe, unübersichtliche Verwicklungen gewünscht und eine etwas tiefere Ausarbeitungen der Figuren. Sicherlich wäre es mir dann leichter gefallen, einen näheren Bezug zu den Charakteren und der Handlung zu entwickeln.