Rezension

Interessante Grundidee, die oftmals zäh behandelt wird und kein überraschendes Ende bietet

Ich bin Tess - Lottie Moggach

Ich bin Tess
von Lottie Moggach

Bewertet mit 3 Sternen

Kurzbeschreibung: 
Würdest du dein Leben aufgeben, um das eines anderen zu übernehmen?
Leila hat Tess nie zuvor getroffen. Doch sie weiß mehr über sie als irgendjemand sonst.
Tess hat Leila nie zuvor getroffen. Doch wenn sie unbemerkt aus der Welt scheiden will, muss sie Leila ihr Leben anvertrauen. Zu Beginn ist es leicht für Leila, sich online als Tess auszugeben. Niemand durchschaut ihr Spiel.
Doch wie lange lässt sich eine solche Lüge aufrechterhalten?
Okay, nehmen wir uns einmal dieses hypothetische Dilemma vor: Eine Frau leidet an einer Krankheit, die an und für sich nicht lebensbedrohlich ist, aber ihre Lebensqualität stark einschränkt und auch nicht heilbar ist. Nach reiflicher Überlegung kommt sie zu dem Schluss, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Aber sie weiß, dass sie damit ihrer Familie und ihren Freunden großen Kummer bereiten würde und handelt daher nicht. Dennoch wünscht sie sich verzweifelt den Tod und an dieser Einstellung ändert sich auch über die Jahre nichts. Irgendwann kommt sie zu dir und sagt, ihr sei ein Weg eingefallen, wie sie ihren Plan in die Tat umsetzen kann, ohne ihre Familie und ihre Freunde unglücklich zu machen, aber dafür brauche sie deine Hilfe. Was würdest du tun? Würdest du ihr helfen? *Quelle*

Zur Autorin: 
Lottie Moggach ist freiberufliche Journalistin, liebt ihre Heimatstadt London und hat ein Faible für das 18. Jahrhundert. In ihrer Freizeit spaziert sie am liebsten mit ihrem Sohn durch die Straßen der britischen Hauptstadt und träumt davon, in einem der georgianischen Häuser zu wohnen. Die Idee zu ihrem ersten Roman Ich bin Tess kam ihr vor einigen Jahren, als sie viel zu viel Zeit mit Facebook verbrachte.

Meinung: 
Die junge Leila lebt seit dem Tod ihrer Mutter allein. Sie hat keine Freunde und schottet sich permanent von ihrer Außenwelt ab. Ihr Leben findet am Computer statt, sie arbeitet als Softwaretesterin und spielt Online-Games. Da sie gerne über die Welt philosophiert, meldet sie sich in dem Forum "Red Pill" an, wo sich Gleichgesinnte treffen. Dort fällt sie durch ihre Ansichten bald Adrian, dem Betreiber der Seite, auf.

Dieser macht ihr schon bald ein merkwürdiges Angebot: Die 39-jährige Tess möchte freiwillig aus dem Leben scheiden und sucht jemanden, der virtuell ihr Leben weiterlebt, um ihre Freunde und ihre Familie im Glauben zu lassen, sie wäre wohlauf. Leila sagt zu, ohne sich wirklich im Klaren darüber zu sein, welche Konsequenzen das haben könnte...

Durch die sich für mich interessant anhörende Thematik bin ich auf dieses Buch gestoßen. Leider konnte mich der Roman nicht ganz so begeistern, wie ich dachte.

Die Protagonistin Leila ist ein sehr in sich gekehrter Charakter, der sich seit dem Tod ihrer Mutter, die an Multipler Sklerose litt, völlig einigelt und keinen weiteren Kontakt mit der Außenwelt pflegt. Ihr Leben besteht nur aus ihrem Computer, obwohl sie eine sehr schlaue junge Frau ist und klare, eindeutige Ansichten hat.

Tess, die Selbstmord begehen möchte und deren Leben Leila übernehmen soll, ist das komplette Gegenteil. Sie ist flippig, nimmt kein Blatt vor den Mund, ist allem und jedem gegenüber aufgeschlossen. Diese krassen Gegensätze fallen sofort auf, wenn die beiden miteinander interagieren, denn um alles über Tess herauszufinden, verkehren sie über E-Mail und Skype. Als der Zeitpunkt gekommen ist, an dem Tess "auscheckt" (so nennt sie selbst den Tag, an dem sie aus dem Leben scheidet), übernimmt Leila sämtliche Onlineaktivitäten und sogar Telefonate als Tess.

Sie denkt sich komplizierte Szenarien aus, wie Tess, die angeblich ausgewandert ist und jetzt auf einer kleinen Insel lebt, ihr Leben gestaltet und somit nimmt dieses "Projekt" das ganze Leben von Leila ein. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sie sich in manchen Szenen sogar selbst als Tess sieht, denn die beiden Charaktere verschwimmen zusehends.

Trotzdem kommt es, wie es kommen muss - denn diese Fassade ist auf Dauer einfach nicht aufrecht zu erhalten. Somit ist das Ende eigentlich von Beginn an klar und konnte mich nicht überraschen. Lottie Moggach gelingt es zwar, mit der Thematik des Buches zu punkten, denn man macht sich unfreiwillig beim Lesen seine Gedanken, ob dies alles moralisch vertretbar ist oder nicht. Doch waren mir viele Szenen des Romans zu zäh, langweilig und zu ausschweifend geschildert, sodass ich mich öfter überreden musste, weiterzulesen. Spannung sucht man vergebens, denn hier steht eindeutig der ethische und philosophische Aspekt des Buches im Vordergrund. Wer damit kein Problem hat, dem wird dieses Buch sicherlich gefallen.

Fazit:
Interessante Grundidee, die allerdings für meinen Geschmack an vielen Stellen zu zäh und langwierig behandelt wird und kein überraschendes Ende bietet. Daher ließ mich Ich bin Tess eher unzufrieden zurück.