Rezension

interessante Grundidee, tolle Elemente, aber Schwächen in der Umsetzung

Hush - Verbotene Worte -

Hush - Verbotene Worte
von Dylan Farrow

Bewertet mit 3 Sternen

Montane ist geprägt von Armut. Viele Dörfer können sich nur mit Mühe und Not versorgen, es reicht an allen Ecken und Enden kaum und dann müssen sie noch Abgaben an die Barden leisten, in der Hoffnung von ihnen mit einer guten Beschwörung gesegnet zu werden. Sprache ist Macht, das geschriebene Wort das Verderben – es gibt einige Regeln, die man in Montane befolgen sollte, damit man kein Unheil auf sich zieht.
Shae lebt mit ihrer Mutter abseits des Dorfes. Seitdem sie ihren kleinen Bruder an eine tödliche Krankheit verloren hat, werden die beiden vom Rest der Dorfgemeinschaft gemieden. Nur Mads und Fiona, ihre besten Freunde, halten noch zu ihr. Doch auch Shae hat ein Geheimnis, das gefährlich für sie und ihre Umgebung sein könnte und die einzigen, die ihr dabei helfen könnten, ihren persönlichen „Fluch“ los zu werden, wären die Barden, die allgemein nicht unbedingt als hilfsbereit und freundlich gelten…

Der Schreibstil von Dylan Farrow ist bildgewaltig und geschmückt mit zahlreichen, anschaulichen Beschreibungen, Metaphern und Vergleichen. So werden Personen und Schauplätze lebendig und man bekommt einen guten Eindruck von den Wahrnehmungen der Protagonistin, die sie im Verlauf des Buches teilweise selbst kaum einordnen kann.
Durch die Ich-Perspektive begleitet man die 16-Jährige intensiv auf ihrem Weg. So weiß man oft kaum mehr, als Shae selbst, was viele Fragen offen gelassen hat. Da es eine Fortsetzung gibt, ist es natürlich logisch, dass nicht alles aufgedeckt wird, mir ist insgesamt aber doch zu viel unbeantwortet geblieben. Shae kämpft für die Wahrheit und Gerechtigkeit. Ich finde es mutig, dass sie so dafür einsteht, obwohl sie stellenweise kaum Unterstützung bekommt. Immer wieder merkt man jedoch auch, dass sie ein wenig flatterhaft und naiv ist, sich eben doch beeinflussen und manipulieren lässt, obwohl sie eigentlich ein festes Ziel vor Augen hatte. Sie sucht Anschluss und Anerkennung, die ihr so lange verwehrt blieb und macht sich damit zu einem leichten Ziel für Intrigen. Shaes Freundin Fiona hat es im Buch auch ganz gut auf den Punkt gebracht: „Du denkst nie etwas zu Ende.“
Und das zieht sich leider ziemlich durch die Geschichte, obwohl die Protagonistin selbst immer wieder an diesen Satz denkt und sich vornimmt, erst mehr zu denken und zu planen, bevor sie handelt.
Die anderen Figuren lernt man oft nicht sehr tiefgründig kennen. Einige von ihnen sind nur schwer zu durchschauen und wechseln teilweise auch die Seite, auf der sie stehen. Teilweise war das nachvollziehbar, manchmal kam es mir aber auch etwas zu plötzlich.

Die Welt, in der Shae lebt, wird durch die detaillierten Schilderungen gut vorstellbar. Dass Sprache Macht bedeutet und den Aspekt, wie gefährlich das geschriebene Wort sein kann, empfand ich als interessant und als tolles Element in der Handlung, auch wenn es mir noch intensiver hätte ausgearbeitet sein können. Durch verbotene Worte und Gegenstände gibt es einige Regeln und Beschränkungen für das Volk. Nur wer sich daran hält, kann Hoffnung auf eine gute Beschwörung haben um damit die Situation des ganzen Dorfes zu verbessern.
Nur die Barden sind in der Lage, Beschwörungen auszuführen und wie vielfältig und teilweise mächtige diese sind, erlebt man im Laufe des Buches. Allerdings muss ich gestehen, dass mir auch hier viel auf der Strecke geblieben ist und sich einiges für mich nicht vollständig erschlossen hat. Was ist dauerhaft, was ist flüchtig, wo ist der Unterschied, woran liegt es, was kann man selbst beeinflussen, was nicht und so weiter -es bleiben tausend Fragen offen und das allein bei diesem einen Aspekt, der eigentlich wichtig ist für die Handlung.
Wahnsinn, Realität, Illusion, Vision und Täuschung liegen hier sehr dicht beieinander, so dass ich besonders in der zweiten Hälfte häufig verwirrt war und teilweise nicht verstanden habe, was da genau passiert. Was eben auch daran liegt, dass man nur erlebt, was Shae erlebt und sie es größtenteils selbst nicht versteht. Da empfand ich den bildintensiven Schreibstil eher als hinderlich, weil dadurch alles nur noch verworrener wurde.

Fazit

Es gibt einige sehr schöne Elemente in der Handlung und mir hat auch die Integration von Themen wie Falschmeldungen, Manipulation der Meinungsbildung, Unterdrücken des eigenen Denkens durch Regeln und Strafen und für seine Ziele einstehen und kämpfen, gut gefallen. Die Art von Dylan Farrow sich auszudrücken und Dinge zu Beschreiben, mochte ich an sich richtig sehr gern, nur in den wirren Momenten der Protagonistin war es mir etwas viel.
Auch wenn es der Auftakt der Dilogie ist, bleibt mir insgesamt etwas zu viel offen, viele Hintergründe und einige Zusammenhänge haben sich mir nicht richtig erschlossen, was es manchmal schwer gemacht hat, richtig in die Geschichte einzutauchen.
Noch bin ich unentschlossen, ob ich die Fortsetzung lesen werde. Auch wenn es einige Andeutungen gibt, in welche Richtung es sich entwickeln könnte und ich auch neugierig bin, was da vielleicht noch kommt, konnte mich das Buch einfach nicht so richtig von sich überzeugen, obwohl so viele tolle Ideen und viel Potenzial drin steckt.