Rezension

Interessante Idee und schöner Schreibstil

Wer war Alice
von T. R. Richmond

Bewertet mit 3 Sternen

Meine Meinung: Das ist nicht der erste Krimi, der die Handlung aus verschiedenen Medien zusammenstellt. Diese Idee hat sich oft bewährt, allerdings kann sie auch fatal enden, wenn der Autor sich in Details verzettelt und den Leser damit nur verwirrt. 
Die meisten Zeitungsartikel und was-auch-immer in diesem Buch sind zu lang. Sie tragen nicht wirklich zur Handlung bei, beantworten keine Fragen und werfen nur neue auf. Oft dienen sie zur Selbstdarstellung der Charaktere, wobei diese typische Charaktere eines Krimis sind. Es taucht zwar kein harter Polizist auf, der im Kern butterweich ist, aber ansonsten hat man eine Ansammlung von Charakteren, die dem Leser bekannt vorkommen. Die Charakterkonstellation hätte gut sein können, wenn der Autor es nicht darauf angelegt hätte, dass JEDER (auch unwichtige Charaktere) mal zum Zug kommen musste. Ein Problem war es für mich all die Namen und Nebenhandlungsstränge im Kopf zu behalten, da einige von ihnen kaum relevant für die Handlung waren. Oder die widerholte Erwähnung von Dingen, die bereits oft genannt wurden.
Die Spuren die der Autor legt, um den Leser auf falsche Fährten zu locken, konnte ich bis zum Schluss fast immer durchschauen, da diese nicht originell waren. Außerdem mochte ich die plumpe Umsetzung dieser Fährten nicht. Viel zu viele Dinge wurden immer nur angedeutet oder es wurde um den heißen Brei herumgeredet. Unnötige Brief- und Emailwechsel, irgendwelche Blogeinträge inklusive Kommentare, dann noch Zeitungsartikel, SMS, Twitterposts, Voicemails und Tagebucheinträge. Wie schafft man es da noch den Überblick zu behalten? Oder nicht genervt zu sein, da die Handlung immer wieder stockt. 445 Seiten sind eine stolze Zahl. 100 Seiten weniger hätten sicherlich nicht geschadet. 
Wie so oft, wenn man aus verschiedenen Perspektiven schreibt, wurde eine Perspektive ziemlich schnell zu meiner bevorzugten. Am liebsten hatte ich die Tagebucheinträge von Alice. Hier konnte ihr einzigartiger Charakter durchscheinen und den Leser einnehmen. Ebenso fand ich den Schreibstil wundervoll. Immer leicht poetisch und oftmals mitten ins Herz.
Bewertung: Die Idee des Buches ist keine neue, dennoch macht sie neugierig und lockt den Leser an. Was dem Buch fehlt ist die Entscheidung, was es sein möchte. Beim Lesen hatte ich das Gefühl, dass es zu viel sein will. Das führt dazu, dass es zu etwas Halbherzigem wird und der rote Faden immer mehr verloren geht. Etwas ärgerlich sind die vielen Referenzen in dem Buch. Von literarischen Größen wie Sylvia Plath, Oscar Wilde bis hin zu musikalischen Künstlern wie Daft Punk. Besser wäre es, wenn man sich auf ein paar Kernkünstler besonnen hätte, um dem Infodump entgegen zu wirken