Rezension

Interessante Zeitgeschichte mit holprigem Start

Bernsteinstaub
von Mechthild Gläser

Bewertet mit 3.5 Sternen

„Bernsteinstaub“ ist der fünfte Roman der deutschen Schriftstellerin Mechthild Gläser und 2018 als Jugendbuch, das sich mit dem Thema der Zeit beschäftigt, im Loewe Verlag erschienen.

Die 16-jährige Ophelia fängt eines Tages an, überall Staub zu sehen, woraufhin sie von ihrer Mutter zu ihren in Paris lebenden Verwandten geschickt wird. Dort erfährt Ophelia, was sie wirklich ist. Nämlich eine Zeitlose. Und der Staub ist gar kein Staub, sondern die Zeit, die von den Zeitlosen geformt und geleitet werden kann.
Bevor Ophelia sich versieht, ist sie in Rom, lernt andere Zeitlose kennen und muss sich der Aufgabe stellen, die plötzlich überall auf der Welt auftretenden Zeitanomalien wieder in den Griff zu bekommen. Dabei muss sie mit dem geheimnisvollen Leander, ihrer Schwester Grete und Darius zusammen arbeiten.
Nach und nach kommt sie einem Geheimnis auf die Spur, dass die Welt der Zeitlosen für immer verändern könnte.

Mir ist das Buch aufgrund seines Covers immer wieder in der Buchhandlung aufgefallen und auch den Klappentext fand ich durchaus interessant. Dann hatte ich das Glück, Bernsteinstaub in einer Leserunde zu gewinnen und damit völlig kostenlos lesen zu können.
Ich war sehr gespannt auf die Geschichte und auch der Prolog hat mir gut gefallen, allerdings hat es danach eine Weile gedauert, bis ich mich richtig darauf einlassen konnte.
Der Schreibstil ist sehr schlicht gehalten und zu Beginn werden viele Geschehnisse rückblickend erzählt, wodurch ihnen die Spannung genommen wird und die Handlung gehetzt wirkt. Das erweckt bei mir den Eindruck, möglichst schnell zu den spannenden Szenen kommen zu wollen, denn im Laufe der Erzählung lässt das nach und die einzelnen Szenen nehmen den nötigen Raum ein. Da ich selbst seit über zehn Jahren schreibe, kann ich den Wunsch, schnell zu seinen eigenen Lieblingsszenen kommen zu wollen, sehr gut nachvollziehen. Schade ist es dennoch, da es dem Leser so zu Beginn die Chance nimmt, eine engere Bindung zu Ophelia aufzubauen.
Am meisten haben mich am Schreibstil jedoch die eingeschobenen Klammern gestört, die mich immer wieder aus der Geschichte herausgerissen haben, allerdings nur in manchen Abschnitten vorkommen, als hätte die Autorin versucht, dort einen flapsigeren Schreibstil zu nutzen. Bis auf die Klammern habe ich mich mit der Zeit aber daran gewöhnt und konnte das Buch dann ganz gut und flüssig lesen. Selbst mit dem einen oder anderen Logikfehler, die ich hier aufgrund von Spoilern aber nicht nennen möchte.

Besonders neugierig war ich auf Bernsteinstaub wegen der Idee. Mechthild Gläser scheint zu den Autoren zu gehören, die sich auch trauen, einmal über etwas anderes zu schreiben als immer nur dasselbe Thema. Mit der „Zeit“ hat sie sich sicherlich kein leichtes Thema ausgesucht, dieses für meinen Geschmack größtenteils aber gut umgesetzt. Ich wollte immer wissen, was es mit den Zeitanomalien, den anderen Charakteren und dem großen Geheimnis nun auf sich hat, und muss zugeben, obwohl natürlich hier und da Klischees vorkommen, hat mich das Ende dann doch positiv überrascht. Es mag für Vielleser vorhersehbar gewesen sein, dennoch hätte ich mit einem etwas anderen Ausgang der Geschichte gerechnet, einfach aufgrund der vorherrschenden Klischees in der Literatur- oder Filmbranche.

Die meisten Charaktere sind mir sympathisch und es werden auch kleine Nebengeschichten angeschnitten. Leider sind aber weder diese, noch die Charaktere besonders tief ausgearbeitet, was vermutlich daran liegt, dass jeder sich mit ihnen identifizieren können soll.

Das Cover ist nicht nur wirklich wunderschön, sondern passt vom Stil her auch sehr gut zum Inhalt des Buches und soweit ich das mitbekommen habe, hat es nicht nur für mich aus allen anderen Büchern in der Buchhandlungen hervorgestochen und mich neugierig gemacht.

An meine – vielleicht auch recht hohen – Erwartungen konnte Bernsteinstaub nicht herankommen, trotzdem habe ich mich die meiste Zeit über gut unterhalten gefühlt und würde es ohne schlechtes Gewissen jedem empfehlen, der auf der Suche nach einer etwas anderen magischen Geschichte ist und dabei das eine oder andere im Schreibstil und der Charakterzeichnung verzeihen kann. Denn auch die Autorin selbst scheint vor allem Wert auf die magische Welt der Zeitlosen gelegt zu haben.