Rezension

Interessanter Auftakt mit Abstrichen

Ich fürchte mich nicht
von Tahereh Mafi

Inhalt
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Seit 264 Tagen hat Juliette niemanden berührt. Nach einem Unfall wurde sie weggesperrt um die Außenwelt vor ihr zu schützen. Niemand weiß so genau, weshalb Juliettes Berührung tödlich ist, doch fern von der Zivilisation ist sie keine Bedrohung mehr.
Doch eines Tages scheint die Obrigkeit ihre Meinung zu ändern, Juliette könnte vielleicht doch ganz nützlich sein. Schon bald findet sich Juliette inmitten eines Kampfes, den sie nicht austragen möchte, doch hat sie eine andere Wahl?

Mein Eindruck
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Zunächst fällt einem die Idee des Buches ins Auge: tödliche Berührung? Wie würde ein Leben aussehen, wenn man niemanden berühren kann? Immer auf der Hut sein, aufpassen, denn jeder Fehler könnte bitter bestraft werden. Juliette wurde bestraft, dabei war das, was geschehen ist, ein Unfall. Nichtsdestotrotz wird sie weggesperrt und ist lange Zeit einsam.
Die Auswirkung des fehlenden menschlichen Kontakts zeigt sich deutlich im Schreibstil des Buches. Juliette erzählt, wie sie denkt. Meist sind es kurze Sätze, kurze Feststellungen und oft radiert sie ihre Gedanken aus streicht sie Teile der Erzählung wieder durch. An diesen Stil muss man sich zunächst gewöhnen, allerdings wirkt es authentisch und passt zu einem Menschen, der lange Zeit nur sich selbst zur Gesellschaft hatte. Ein wenig übertrieben sind jedoch die schier endlosen, sich über mehrere Zeilen erstreckenden Vergleiche. Meiner Meinung nach hat sich die Autorin dabei zu sehr verkünstelt.

Natürlich spielt sich nicht das ganze Buch in der 15 qm großen Zelle ab. Juliette soll als Waffe benutzt werden und dabei treten zwei wichtige Charaktere in ihre Leben: Adam und Warner. Ersterer ist die Antwort auf all ihre Gebete, ein Mensch, der sie lieben und berühren kann. Allerdings wird das gnadenlos überzogen. Adam und Juliette machen an den unpassendsten Stellen im Buch herum. Auf der Flucht, unmittelbar nach einer Rettung... Ganz im Ernst, wenn man um sein Leben fürchten muss, dann bringt man sich in Sicherheit und denkt wohl kaum ans Rummachen.
Völlig schmackhaft war mir die Beziehung zwischen Juliette und Adam nicht. Diese unsterbliche Liebe wird zwar teilweise erklärt, doch für mich entwickelte sie sich zu schnell und erinnerte schon bald an Abhängigkeit. Eher praktisch und wenig einleuchtend ist, dass er sie berühren kann ohne dass es irgendeine Erklärung im ganzen Buch dafür gibt. Warner ist der böse Gegenspieler und wohl der Charakter, der mir am Besten gefallen hat. Ein durchgeknallter Psycho, mit viel zu viel Macht. Er will so gar nicht in irgendein Schema passen, mir hat das gut gefallen.

Letztlich lässt sich "Ich fürchte mich nicht" unheimlich schnell weglesen. Die Handlung zieht nach einem Drittel schnell an, die Charaktere befinden sich fast ständig auf der Flucht oder im Kampf. Doch lange konnten diese Szenen leider keinen Eindruck bei mir hinterlassen. Zu offensichtlich war für mich das, was am Ende kommen musste. Ich denke nicht jeder wird mit dieser Richtung einverstanden sein.

Fazit
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"Ich fürchte mich nicht" ist ein Auftakt mit einer interessanten Idee und einem authentischen Schreibstil. Die große Begeisterung konnte sich bei mir leider nicht einstellen. An einigen Stellen fand ich sowohl die Liebesgeschichte als auch die endlosen Vergleiche übertrieben. Überzeugend sind dagegen der Gegenspieler Warner und die Beschreibung von Juliettes eindringlicher Gedankenwelt, als Folge ihrer langen Einsamkeit. Insgesamt ein zufriedenstellender Auftakt mit Abstrichen.