Rezension

interessanter Blickwinkel auf eine Welt die nicht nur aus schwarz und weiß besteht

Ein anderer Takt - William Melvin Kelley

Ein anderer Takt
von William Melvin Kelley

Bewertet mit 5 Sternen

In der kleinen Stadt Sutton irgendwo in den Südstaaten nimmt alles seinen Anfang. Der junge schwarze Farmer Tucker Caliban zerstört seine Felder, tötet die Tiere, zündet das Haus an und macht sich dann zusammen mit seiner Familie auf den Weg in Richtung Norden. Innerhalb weniger Tage folgt ihm die gesamte schwarze Bevölkerung des Bundesstaates und alle fragen sich, "Was ist passiert? Wie konnte es dazu komen?"

Dieser Frage geht Kelley mit einer sehr beeindruckenden Schreibweise nach. Erzählt wird alles aus der Sicht der weißen Bevölkerung im näheren Umfeld von Tucker. Wir erfahren mehr über seine Vergangenheit und rätseln selbst, was die Beweggründe für diesen Schritt waren. Kelley schreibt unglaublich bildhaft und einnehmend, ich fühlte mich stets mitgenommen in die Welt von Tucker ohne dabei doch ganz dazu zu gehören. Die Tatsache, dass alles aus der Sicht weißer Menschen erzählt ist, fand ich sehr interessant. Jede der erzählenden Figuren scheint andere Beweggründe zu sehen, andere Ursachen und alle sind irgendwie miteinander verbandelt. Dabei bleiben die wahren Gefühle und Gedanken von Tucker und seiner Familie jedoch auch unklar, sie schwingen zwischen den Zeilen ohne dass man sich sicher sien kann, ob es sich tatsächlich so verhält. Dies hat mich jedoch in keinster Weise gestört, sondern hat im Gegenteil den Roman noch eindrücklicher auf mich wirken lassen. Das Buch schlägt einen in seinen Bann und man fliegt förmlich durch die Zeilen.

Der Rassismus ist im ganzen Buch sehr präsent, mal deutlicher, mal hinter vorgehaltener Hand aber dennoch immer zu erkennen. Einige der Szenen haben mich erstaunt, andere mitgenommen, doch immer berührt. Der Umschwung weg von Rassismus vollzieht sich langsam, den schwarzen scheint es besser zu gehen, doch anhand der Gesten und Worte der Figuren merkt man, dass die Veränderung hin zur besseren Zukunft nur sehr langsam von statten geht, ja dass sich viele dagegen wehren und lieber an alten Mustern festhalten. So können sich auch manche nicht vorstellen, wieso Tucker geht, nach einer anfänglichen Verwirrtheit und gespielter Gleichgültigkeit entwickelt sich eine trotzige unbegründete Wut auf die Schwarzen und alle, die mit ihnen sympathisieren. Die Figuren waren für mich alle sehr authentisch, Kelley beschreibt sie auf eine Weise, die sie mich als alte Bekannte wahrnehmen lässt, als Menschen die ich schon ewig kenne. Dabei lässt er unmerklich eine Entwicklung ablaufen, die man so am Anfang des Romans nicht erwartet hat und die einen am Ende schockiert und seine bisherige Einschätzung nochmals überdenken lässt.

Fazit: Ein sehr wichtiger und mitreisender Roman, der mehr Leser braucht!