Rezension

Interessanter und berührender autobiografischer Roman

Educated - Tara Westover

Educated
von Tara Westover

Bewertet mit 5 Sternen

Tara Westover wächst mit ihren 5 Brüdern und einer Schwester in den Bergen Idahos auf. Ihr Blick von zu Hause ist stets gerichtet auf den Berg Buck Peak, auf dem sich jedes Jahr die Umrisse einer Indianerprinzessin abbilden. Ihr Vater ist ein fundamentalistischer Mormone, vom baldigen Ende der Welt überzeugt. Tara muss als junges Mädchen auf seinem Schrottplatz helfen, in eine staatliche Schule dürfen die Kinder nicht, da ihr Vater voller Misstrauen dem Staat gegenüber ist, von dem er sich verfolgt fühlt. Sie bekommen angeblich zu Hause Unterricht, doch die Mutter ist bald nach einem schweren Autounfall mit der ganzen Familie nicht mehr fähig, ihre eigenen Kinder zu unterrichten, was sie auch vorher nur sporadisch tat.

Tara bemüht sich auf Drängen ihres älteren Bruders Tylers, eine Aufnahmeprüfung für das College zu machen und lernt fleißig dafür. Sie wird angenommen und so entwickelt sich ihr Weg zu hoher Bildung und Auszeichnungen, von  denen sie nie zu träumen gewagt hätte. Sie studiert letztendlich sogar in Havard. Ihr ganzes Leben, welches sie immer zurück an den Buck Peak zu ihrer Familie führt, führt ihr Bruder Shawn wie ein roter Faden hindurch. Er ist gewalttätig und brutal, er misshandelt seine Freundinnen ebenso wie Tara selbst. Er hat sie geschlagen, an den Haaren gezogen, ihren Kopf in die Kloschüssel gesteckt. Durch Zufall erfährt Tara, dass es auch ihrer älteren Schwester Audrey mit Shawn so ergangen ist. Sie versuchen mit ihren Eltern darüber zu reden, aber die wehren die Vorwürfe nur ab und wollen nichts davon hören. Es kommt dadurch zu einem großen Bruch zwischen Tara und ihren Eltern, da ihr Vater ihr Handeln nicht akzeptiert und nicht für sie einstehen kann und will.

Tara Westover schreibt wundervoll und berührend ihre Geschichte nieder, die beeindruckend ist, was ihre Familie alles erlebt, wie sie mit dem anscheinend bipolar erkrankten Vater leben müssen, dessen Wort gilt und sonst keines, außer dem Gottes natürlich. Wie sie die Gewalttätigkeit und die Demütigungen ihres Bruders Shawn erträgt und es sie trotz allem immer wieder nach Hause zieht. Ich konnte nicht nachvollziehen, warum sie nicht im College in England blieb, anstatt immer wieder zu ihrer Familie zu fahren, wo es wieder Streit und Gewalt gab. Tara verachtet ihre Eltern nicht dafür, dass sie ihr keine anständige Bildung zukommen ließen als Kind, sie verachtet sie dafür, dass sie all die Jahre weggeschaut und nichts getan hatten, als Shawn sie quälte.

Beeindruckend ist, wie Tara es selbst geschafft hat, sich durch Lernen und Lesen ihre heutige Bildung anzueignen, sogar ihren Doktortitel zu machen, obwohl sie nie das dafür notwendige, wie sie glaubte, Selbstvertrauen hatte. Es war ein langer und steiniger Weg, den sie gehen musste und dafür verdient sie volle und große Anerkennung, die sie von ihrer eigenen Familie nie bekam.

Fazit:

Ein wunderbarer, faszinierender und berührender autobiografischer Roman, der mir oft den Atem raubte und mich mit Stolz erfüllte, obwohl ich Tara gar nicht kenne, dass sie zu sich selbst gefunden hat und sich ihren Traum von Bildung erfüllen konnte.

Ich bedanke mich herzlich beim Kiepenheuer & Witsch-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplares. Ohne sie hätte ich dieses wunderbare und faszinierende Buch wahrscheinlich nie gelesen.