Rezension

interessanter und sehr aktueller Gesellschaftsroman

Die Zeit der Ruhelosen - Karine Tuil

Die Zeit der Ruhelosen
von Karine Tuil

Der aktuelle Gesellschaftsroman "Die Zeit der Ruhelosen" hat mir sehr gut gefallen. Das Cover passt genau dazu, die verschwommenen Personen - man kann sie hier nicht so klar erkennen. Auch das findet sich in der Geschichte wieder. Es werden die Lebensgeschichte von drei Männern geschildert, deren Leben sich auf seltsamen Wegen kreuzt. Und einer jungen Frau, die sich aufeinmal auch im Leben von zwei dieser Männer bewegt.
Das Buch erzählt in den ersten drei Kapiteln jeweils vom vergangenen und jetztigen Leben der Männer. Zuerst wird der französische Soldat Romain Roller beschrieben. Er befindet sich nach einem schrecklichen Einsatz in Afghanistan in einem Hotel auf Zypern. Hierher werden nach ihrem Einsatz die Soldaten erstmal hingeschickt, um sich von dem Einsatz soweit wie möglich zu erholen. Hier erfährt man von seiner Vergangenheit und der schlimmen Erlebnisse in Afghanistan. Er ist nicht körperlich verletzt, wie sein Freund Farid Djitli, sondern er ist traumatisiert. Wie wahrscheinlich alle, die aus diesem Krieg zurück kommen. Die Schilderungen der Erlebnisse sind schon sehr extrem umso mehr als man ja weiß, dass sie auch in unserer Realität Wirklichkeit sind. Hier trifft er die Journalistin Marion Decker, mit der er ein Verhältnis beginnt. Obwohl er Zuhause von seiner, immer zu ihm haltenden Frau und seinem Sohn erwartet wird.
Im zweiten Kapital trifft man auf den Politiker Osman Diboula, der im engsten Kreis des französischen Präsidenten agiert. Er hat sich als Sozialarbeiter ohne Studium an einer Eliteuni hochgearbeitet. Er war früher in der berüchtigten Pariser Banlieue tätig. Aus dieser Zeit kennt er Romain sowie auch Farid. Er ist aber den politischen Schwankungen des Präsidenten und seines Umfeldes ausgesetzt. Auch sein Familienleben ist von großen Schwankungen betroffen.
Als letzter wird der jüdischstämmige Francois Vély vorgestellt. Ein krasser Gegensatz zu den anderen beiden Männern. In einer sehr reichen Familie groß geworden, führt er jetzt selber das riesige Familienunternehmen. Er ist alles, was die anderen nicht sind. Superreich, verwöhnt, studiert, einflußreich und machthungrig. Er hat "alles im Griff" - egal ob privat oder beruflich. Er ist mit Marion Decker verheiratet. Aber seine persönliche Familiengeschichte ist sehr schwierig.
In dem Buch nun werden ihre Geschichten verwoben. Es ist sehr interessant zu sehen, wie diese unterschiedlichen Männer aufeinmal zusammen eine Gegenwart haben. Eigentlich haben sie es im Endeffekt alle nicht einfach. Aus welchen Gründen auch immer - aber die Vergangenheit holt sie ein. Die Vorurteile und Machtgehabe treffen sie hart. Leider gibt es sie immer noch - Rassismus - Antisemitismus - Lügen - Machtkampf - Terror. Ihr Leben gerät aus den Fugen. Keiner hat je damit gerechnet. Es ist packend und zugleich verstörend zu lesen. Verstörend, weil es leider so wahr erscheint und sicher auch so ist. Die Machtspielchen in der Politik genau so wie die Geschäftspraktiken in der Welt der Konzerne. Der äußere Schein spielt eine große Rolle - gut dastehen ist wichtig. Immer richtig auf die gegenwärtigen Strömungen reagieren. Das sieht man besonders in der Person des französichen Präsidenten. Obwohl die Position austauschbar ist. Es sind unglaubliche Erlebnisse, die diese Männer jetzt durchleben und die sie auch zusammenführen. Es kommt alles zum Vorschein. Leben verändern sich und man merkt wie die Männer und Frauen um ihr bekanntes Leben kämpfen - oft vergeblich.

Ich fand das Buch sehr mitreißend und es hat mich auch wieder zum Nachdenken gebracht. Das Ende des Buches hat mich ehrlich überrascht. Aber es war irgendwie authentisch - leider. Es ist ein lesenwertes Buch und ich kann es nur empfehlen.