Rezension

Interessantes Familiendrama mit ein paar Schwächen

Das perfekte Leben meiner Schwester -

Das perfekte Leben meiner Schwester
von Sophie Edenberg

Bewertet mit 3 Sternen

TRIGGERWARNUNG: Vergewaltigung

Meine Meinung
In ihrem zweiten Buch geht es unter anderem um das Thema Adoption. Die Protagonistin Emma erfährt zufällig, dass sie adoptiert wurde und endlich wird ihr klar, warum sich ihre Eltern nur für ihren kleinen Bruder interessiert haben und warum sie sich nie als Teil dieser Familie gefühlt hat. Nach weiterer Recherche wird ihr ebenso bewusst, dass sie eigentlich die Tochter einer reichen Familie ist und dies weckt Neid und Missgunst in ihr, denn eigentlich hätte ihr von Geburt an ein schönes und angenehmes Leben zugestanden. Sie aber ist mit Ablehnung, ohne Liebe und mit Gewalt aufgewachsen.

Wie in Sophie Edenbergs Debüt “Fly, Baby, Fly” begegnen wir auch im neuen Buch einer recht vielschichtigen Protagonistin. Sie weckt in ihrer Leserschaft Mitleid und Empathie wie auch Besorgnis und Unverständnis. Ihr Verhalten ist nicht linear. Wenn sie Neid und Wut packt, reagiert sie oft impulsiv und somit wie die meisten von uns. Jede*r hat Schwächen, so auch Emma. Doch sie ist nicht verbissen. So schafft sie es auch zu reflektieren und Fehler einzusehen, was sie zum Ende hin nach vorne bringt. Emma ist eine Figur, mit der man sich durchaus identifizieren kann.

Céline dagegen ist gänzlich anders. Emmas Halbschwester ist recht naiv und von sich eingenommen. Sie lebt in ihrer kommoden Blase, umzingelt von von ihresgleichen. Und doch hat sie auch Empathie und ist nicht hochnäsig, im Vergleich zu ihrer besten Freundin Sarah, die Emma nicht gleichwertig annehmen kann und eher nichts mit ihr zu tun haben möchte.

Die Geschichte wird aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Mir gefällt der Schreibstil mit den wechselnden Perspektiven sehr. So bekommt man Einblicke in die Köpfe und das Leben der verschiedenen Charaktere. Es steigert die Spannung und lässt die Geschichte nicht einseitig wirken.

Die Story entwickelt sich rasant und hat einige Überraschungen auf Lager. Gegen Ende geht es hoch her und die Ereignisse überschlagen sich. Die beiden letzten Kapitel waren mir jedoch etwas zu flott und daher auch etwas unglaubwürdig. Ein paar Seiten mehr hätten den verändernden Umständen Rechnung getragen, um die Situation der Charaktere besser nachempfinden  zu können.

Der Roman besteht überwiegend aus Dialogen, die im Großen und Ganzen die Geschichte lebhaft darstellen. Dennoch hätte ich mir etwas mehr an erzählerischem Text gewünscht.

Es gibt ein paar Passagen über Missbrauch, die evtl. nicht jede*r lesen möchte. Hier wäre für mich weniger mehr gewesen. Ich bin auch keine Erotikbücherleserin, so brauche ich auch keine detaillierten Beschreiben über Sex in einem Buch. Mir reichen in dieser Hinsicht Andeutungen. Glücklicherweise war dies auch nur einmal der Fall.

Woran ich jedoch schwer dran zu kauen hatte war die kleine rassistische Szene im letzten Viertel, die mich überraschend traf. Es hat sich im gesamten Buch nichts dergleichen angebahnt, sodass dies absolut unnötig war. Bei sowas muss sich m.M.n. jede*r Autor*in fragen, ob Rassismus in irgendeiner Weise wichtig für die Handlung ist. Falls nicht, sollte er in Geschichten nicht verwendet werden.

 
Fazit
Die Autorin hat auch mit ihrem zweiten Buch ein interessantes Familiendrama geschrieben, das ich sehr gerne gelesen habe. Leider kommt es in Gänze nicht ganz an ihr Debüt ran. Es weist ein paar Schwächen auf, die ich nicht ganz übergehen konnte. Ich bin jedoch sehr gespannt, was von Sophie Edenberg als nächstes kommt.