Rezension

Interessantes Thema, dunkles Paris

Die Leute von Nr. 37 - Fran Cooper

Die Leute von Nr. 37
von Fran Cooper

Bewertet mit 4 Sternen

Ein Ausflug nach Paris, eine Stadt, die ich vor Jahren besuchte und mittels Romanen immer wieder gerne in Erinnerungen schwelge. Doch diesmal zeichnet sich eine düstere Szene, ein dunkles Kapitel und eben nicht das Postkarte-Eiffelturm-Liebes-Glitzern, das die Stadt sonst darstellt. Eine intelligente Abwechslung, die ein ernstes Thema auffasst und doch fiktiv bleibt.

Zuerst war ich ja skeptisch, verfolgte wie Edward in die Dachwohnung zieht und entdeckte mit ihm die anderen Hausbewohner. Einer schrulliger als der andere. Ein Banker, eine zerbrechliche Mutter, eine Tratschtante am Eingang, ein arroganter Hausbesitzer und einer, der auf der Strasse hockt. Ein bunte Mischung vielerlei Persönlichkeiten, die alle "normale Menschen" sind, wie im Klappentext geschrieben. Und dennoch: Unterschiedlicher könnten sie nicht sein, was wiederum zeigt, was alles als normal gelten kann. Man blickt bei jedem in die Wohnung, ein Stück deren Geschichte, etwas Hintergrund, Berufe, Zivilstand, Träume, heimliche Hobbys. Ganz interessant, aber kaum weltbewegend. Grösstenfalls unterhaltsam. Aber feinfühlig wurden die Figuren gezeichnet, muss ich schon sagen.

Trotz der detaillierten, aber niemals wertenden Beschreibung der diversen Personen im Haus, wurde der Handlungsstrang jedoch langweilig. Was war so besonders mit diesem Haus in Paris, das nur die Anwohner kennen? Worin besteht der Reiz dieser Geschichte? Ist ja alles schön und gut, aber... begann ich zu denken und dann passierte der Knall. Ein einschneidendes Ereignis für die Leute in Paris, die Leute im Haus Nr. 37 und den Leser. Da werden sogar die neuen Anwohner fast zur Nebensache, obwohl sie gleichzeitig im Zentrum des Brennpunkts stehen.

Besonders interessant fand ich, welche Gesichter Fremdenhass annehmen kann. Manche, weil sie tatsächlich etwas gegen Fremde haben. Andere, weil sie einfach Opfer der Propaganda sind. Wieder andere, weil sie den Job verloren haben und den Frust irgendwo kanalisieren müssen. Wieder andere schauen stumm zu oder sind zu beschäftigt mit ihrem eigenen Leben, eigener kaputter Träume. Und wieder andere helfen den Opfern ohne zu wissen, dass die "Feinde" viel näher sitzen, als man glauben möchte.

Unterm Strich ist es ein nettes Buch über ein ernstes und trauriges Thema, dass sehr authentisch aus Bürgersicht geschrieben wurde. Ich mochte die vielen Sichtweisen sehr, so viele Facetten derselben Ereignisse, so viele Geschichten, die um dieses eine Haus verknüpft sind. Und doch wünschte ich mir, die eine oder andere Geschichte näher, tiefer kennen zu lernen. Es waren so viele Geschichten, die mich mehr oder weniger interessierten, keine davon aber wirklich im Fokus stand. Also einfach ein Sammelsurium an Leben, Alltagsproblemen und Schicksale. Nichts, was ich schlecht reden will oder kann. Aber auch nichts, was mich aus den Socken gerissen hat.

3,5 / 5 Sterne