Rezension

Interessantes Thema - leider enttäuschend in der Umsetzung

Das Haus der verlorenen Kinder - Linda Winterberg

Das Haus der verlorenen Kinder
von Linda Winterberg

Interessantes Thema, leider enttäuschende Umsetzung

Auf zwei Zeitebenen erzählt die Autorin in diesem Buch die Geschichte der sogenannten "Deutschenmädchen" in Norwegen. Bis zur Lektüre von diesem Buch hatte ich von den "Deutschenmädchen" noch nie gehört und war sehr gespannt darauf in die düstere Geschichte Norwegens und des deutschen Reiches zu Zeiten des 2. Weltkrieges einzutauchen.
Dabei lernt der Leser zum einen in der Gegenwart Marie kennen, die auf der Suche nach ihren Wurzeln ist und sich irgendwie nirgends richtig zu Hause fühlt und in der älteren Betty eine Seelenverwandte findet. Parallel dazu verfolgt man das Leben von Lilly und Olga in Norwegen zu Zeiten des 2. Weltkrieges und erlebt mit, wie sie sich in deutsche Soldaten verlieben und damit das Unglück seinen Lauf nimmt.

Büchern, die auf zwei Zeitebenen spielen, kann ich eigentlich nie widerstehen und oft kann ich mich auch gar nicht entscheiden, welchen Erzählstrang ich lieber mag. In diesem Buch lag meine Präferenz klar auf dem Strang in der Vergangenheit, da der mich richtig fesseln konnte und ich da auch das Gefühl hatte, dass die Handlung vorankommt und wirklich etwas passiert. Die Geschichte in der Gegenwart ist leider voller Handlungen, die zu keinem Ziel führen, seitenlangen Erklärungen und Wiederholungen von Essverhalten und Vorlieben irgendwelcher Nebenfiguren, die überhaupt keine tragende Rolle mehr bekommen und versucht schließlich Spannung aufzubauen, die dann genauso plötzlich einfach in sich zusammenfällt.

Mit Lilly und Olga in der Vergangenheit konnte ich sehr gut mitfiebern und mitleiden und war über die Tragik, die über ihr Leben hereinbricht, wirklich sehr erschüttert. Gerade auch die Form von zum Teil Tagebucheinträgen von Lilly, haben mir das Lesen wirklich sehr spannend und angenehm gemacht. Zu Marie in der Gegenwart und auch zu Betty konnte ich irgendwie gar keine Beziehung aufbauen und die Einführung einiger Nebenfiguren habe ich überhaupt gar nicht verstanden. Sie wurden zwar mit ihren Schwächen und Macken ausführlich erklärt, hatten aber zum Teil gar keinen richtigen Beitrag zur Handlung.

Die Geschichte der "Deutschenmädchen" aufzugreifen und in einem Roman zu verarbeiten, finde ich sehr gut. Leider fehlen mir aber zu viele Dinge, die es meiner Meinung nach noch wert gewesen wären sie zu beschreiben. Natürlich ist es auch in der Realität so, dass vieles bis heute nicht richtig aufgeklärt wurde, aber was spricht dagegen das Leben von z. B. Lilly bis heute nachzuverfolgen und nicht einige Jahrzehnte einfach unter den Tisch fallen zu lassen.

Von daher muss ich leider sagen, dass das Buch für mich nicht das gehalten hat, was ich mir versprochen hatte und mich leider enttäuscht zurück gelassen hat. Offene Enden sind ok, aber hier ist mir einfach zu viel offen geblieben und dafür viele Dinge lang und breit ausgefächert worden, die nichts zur Handlung beigetragen haben und auch gar nicht notwendig waren.

Für die interessanten Einblicke in die norwegische Vergangenheit und einem guten Einblick in die Vergangenheit vergebe ich daher 2 von 5 Punkten.