Rezension

Intrigen, Kämpfe, Actionszenen und kühle Brutalität vor der Kulisse eines Endzeit-Szenarios

Endgame: Die Auserwählten
von James Frey

Zitat:
"Ihr seid die ahnungslosen Milliarden. Ihr seid die unbeteiligten Zuschauer. Ihr seid die glücklichen Verlierer und die unglücklichen Gewinner. Ihr seid das Publikum bei einem Spiel, das über euer Schicksal entscheidet.
(S. 11)

Inhalt:
Seit Anbeginn der Menschheit trainieren Abkömmlinge der ersten Zivilisationen für das Spiel um Leben und Tod Tausender Menschen. Denn jeder der Spieler kämpft um das Überleben seines Geschlechts. Seit Hunderten von Generationen kommen und gehen die Spieler, stets darauf wartend, dass "es" beginnt: Endgame.

Nun ist es so weit. 12 Kometen fallen auf die Erde, töten Tausende Menschen richten Millionenschäden an. Jeder von ihnen bringt einen Stein - das Gegenstück zu dem, das jeder einzelne Spieler trägt. Der erste Hinweis der Spielleiter: den Treffpunkt aller Spieler für die Spielanweisungen.

12 Jugendliche zwischen 13 und 20 machen sich auf den Weg nach China, zum Treffpunkt mit dem Überirdischen keppler22b. Mittels Telepathie wird ihnen allen die Aufgabe in den Kopf gepflanzt, zusammen mit einem individuellen Hinweis, der sie zum Ziel führen kann.

"Endgame" beginnt mit einem Kampf, Verbindungen und dem ersten toten Spieler - der erste Gegner ist ausgeschaltet. Und es wird nicht der Einzige bleiben.
Die Jagd nach dem Schlüssel beginnt, das Spiel nimmt seinen Lauf...

Meinung:
Ein goldenes Buch, weltweit zum selben Termin veröffentlicht, ein versprochener Schatz, ein Rätsel zwischen den Seiten eines Endzeit-Abenteuers versteckt... Da konnte ich nicht nein sagen. Nachdem ich bereits neugierig jede kleine Leseprobe in mich aufgesogen hatte, begann ich mit "Endgame", das auch optisch ein wahres Highlight ist.

Die Geschichte beginnt mit der Vorstellung des ersten Spielers: Marcus Loxias Megalos. Zahlreiche Informationen, Adjektive, Zahlen begleiten den Moment, als Endgame beginnt - mit dem Absturz des Meteoriten in das vollbesetzte Stadion von Fenerbahce. 
Dieser Infodump wiederholt sich bei allen anderen 11 Spielern - sobald man sie kennenlernt, und auch bei jeder neuen Begegnung. 
In jedem Kapitel verliert man sich erneut in der Informationsflut, was mich sehr irritierte. Informationen, die die Rätselnden, die Schatzsucher des 500.000$-Gewinnes, verwirren sollen - mich aber von der eigentlichen Geschichte ablenkten.
Ich stemmte mich gegen die vielen Beschreibungen, um den Überblick über die 12 Charaktere nicht zu verlieren, ließ Rätsel Rätsel sein, um der Geschichte folgen zu können.

Schnell entwickelte ich Sympathien und Antipathien, ärgerte mich über das Verhalten, die Niederträchtigkeit mancher Spieler, freute mich über Annäherungen und Bündnisse - und über einen Charakter, der auf ganz besondere Weise mit Endgame verbunden ist…

Durch das Hin- und Her-Zappen fiel es mir anfangs und bei jedem Wiedereinstieg schwer, in die Geschichte zu finden - mein größter Kritikpunkt an Endgame neben dem erwähnten Infodump.

Als ich all die Hürden überwunden hatte, konnte ich mich an der durchdachten und gut inszenierten Idee erfreuen. Eine Idee, die auf so vielen "echten" Elementen beruht und die doch fantastischer und fiktionaler nicht sein könnte. "Aliens" klangen im ersten Moment so kühl, so unpassend - da konnte ich mich mit der Theorie von Sarah Alopays "Geschlecht" mehr arrangieren. Der nach Sintflut klingenden Erklärung für das Spiel: Endgame beginnt, wenn die Menschheit nicht mehr würdig genug ist, nicht menschlich genug. Das Himmelsvolk lässt die Spieler dafür kämpfen, dass ihr Geschlecht zukünftig die Erde bewohnen darf.

Darin eingeflochten klangen die Erklärungen für die alten Gebetsstätten, Mysterien der Archäologie, absolut plausibel.

Die anderen Charaktere besitzen unterschiedliche Backgrounds, glauben an Götter, die selektieren, an eine Belohnung usw.
Jeder der 12 bringt Geheimnisse, Talente, verborgene Fähigkeiten in die Geschichte ein und es war interessant, ihr Spiel zu verfolgen. Wie Intrigen gesponnen werden, geplant, eingegriffen wird. Ich folgte gebannt der emotionalen Entwicklung, dem stetigen Aufeinander-zu-driften der Handlungsstränge, wurde überrascht, freute mich, spürte das Kribbeln, als sich mehr als nur platonische Verbindungen entwickeln.

Der Schreibstil von James Frey selbst ist kühl, emotionslos, oftmals von kurzen Sätzen bestimmt - und bescherte mir dennoch Gänsehaut. Die Spannung steigt stetig an, niemand weiß, was die Gegner im nächsten Moment machen, niemand kann sich sicher sein, in der nächsten Minute noch zu leben. Die Spieler sind mit technischen Highlights ausgestattet, die eine gegenseitige Jagd rund um den Erdball ermöglichen. Ich war den einzelnen Charakteren oftmals um einen Hauch Wissen voraus, kämpfte mit ihnen, dachte, ich könnte sie einschätzen... Aber ich bin keine Spielerin. Und so hat mich James Frey am Ende eiskalt erwischt, mir ein weiteres Mal gezeigt, dass ich meine Zuneigung zu Charakteren beherrschen sollte, wie die Spieler ihre Emotionen beherrschen sollten.

Denn am Ende kann nur einer gewinnen. Das ist Endgame.

Urteil:
Mit "Endgame" hat James Frey ein außergewöhnliches Buch erschaffen, das nur so vor Intrigen, Kämpfen, Actionszenen und kühler Brutalität strotzt. Ein gut durchdachtes Setting, eingeflochtene Mythen und Legenden vermischen sich mit vielschichtigen Charakteren, die einen immer wieder überraschen können. Lediglich der Infodump und die für mich schweren Wechsel zwischen so vielen Charakteren schmälerten meinen Lesegenuss etwas. 4 Bücher für "Endgame - Die Auserwählten".

Mein Tipp: Schnappt euch das Buch, verschwindet irgendwohin und taucht erst wieder auf, wenn ihr es beendet habt. "Endgame" ist nicht für nebenbei und viele Unterbrechungen geeignet.

Die Reihe:
1. Endgame – Die Auserwählten
2. Endgame ?
3. Endgame ?

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