Rezension

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Irgendwie spannend, bis es vorhersehbar wurde.

STILL ALIVE - Sie weiß, wo sie dich findet - Claire Douglas

STILL ALIVE - Sie weiß, wo sie dich findet
von Claire Douglas

Als Libby einen Flyer für einen Haustausch im Briefkasten findet, kann sie ihr Glück kaum fassen. Denn ihr Mann und sie brauchen dringend eine Auszeit. In Cornwall angekommen, sind sie überwältigt von der hochmodernen Villa, die dort einsam über der Steilküste thront. Doch dann steht nach einem Strandspaziergang die Tür der Villa offen, obwohl sich Libby sicher ist, sie geschlossen zu haben. Immer häufiger hat sie hat das Gefühl, dass jemand sie beobachtet. Und Libby weiß, das kann nur eines bedeuten: Ihre Vergangenheit ist dabei, sie einzuholen. Und das könnte sie alles kosten. - So weit der Klappentext von der Verlagsgruppe Random House/Penguin, so weit gefehlt.

Ein Haustausch mit einem Fremden ist heute wahrscheinlich weniger ungewöhnlich und beängstigend als noch vor ein paar Jahren, doch Libby und ihr Ehemann Jamie sind keineswegs sofort vorbehaltlos auf dem Weg nach Cornwall und auch nicht ganz aus dem Häuschen bei dem Gedanken, ihre kleine Souterrainwohnung seltsamerweise einem renommierten Arzt zu überlassen (obwohl sich dieser wohl auch das beste Hotel der Stadt leisten könnte). Zweifel, Unbehagen und Spannungen begleiten die beiden bereits auf der Fahrt zur Strandvilla und zwar aufgrund von traumatischen Ereignissen, die sich unmittelbar vor der Handlung ereigneten und Erinnerungen an Vergangenes triggern, sodass die geplante Auszeit von Anfang an bereits eine Art Flucht darstellt. Eigentlich ein gutes Ausgangsszenario, das im weiteren Handlungsverlauf viele, durchaus spannende Fäden (oder Fragezeichen) bereithält, denen man als Leser auch gerne nachgegangen wäre. Doch stattdessen wird einem als Leser das offensichtlich Verdrängte in wenig verschleiernden Andeutungen unter die Nase gerieben und mehr noch, welche Bedeutung und Auswirkungen dieses auf Libbys Ehe und Beziehung zu ihrem Mann hat – und zwar wiederholt auf den ersten fast 100 bis 150 Seiten in einem lamentierenden Ton. Der unsympathische Jamie und die nervig zerbrechlich-anmutende Libby oder die wunderschöne Ex-Freundin machen es einem entsprechend schwer, den Roman noch als Krimi zu betrachten, statt als dröges Beziehungsdrama – mehr oder weniger unheimlich-beunruhigende Ereignisse hin oder her. Hoffnung zeichnet sich nach dem ersten Drittel des Romans ab, wenn dem Leser endlich „die ganze Geschichte“, d.h. nun wirklich ein Blick in die Vergangenheit gewährt wird. Doch die Blase hält nicht lange bevor sie platzt: Dem aufmerksamen Leser zeigen sich schnelle und ziemlich deutlich die Kniffe, die die Autorin für ihren Plot und Krimifall verwendet und noch verwenden wird. Danach ist das Lesen nur noch eine Bestätigung der eigenen Theorie und Vermutungen, auf einen Plottwist, der doch noch alles auf den Kopf stellt und überrascht, wartet man vergeblich. Am Ende wartet der Roman noch mit einer aufbauend-versöhnenden Moralpredigt auf, bei der man fast versucht ist, 5 Seiten vor Schluss doch noch zu kapitulieren. Da rettet auch ein Epilog nichts mehr, der alle Erwartungen dann doch noch unterläuft. Grundsätzlich verschenkt die Autorin für meinen Geschmack das ganze Potenzial ihrer Geschichte allzu oft. Wer nicht dazu neigt, vorab schon große Theorien über den Fall und die Ungereimtheiten anzustellen, für den besteht immerhin die Chance, sich überraschen und also unterhalten zu lassen. Auf den spannenden Fall wartet der eingefleischte Krimifan allerdings bis zum Schluss (mit Ausnahme der einen Verschnaufpause) vergeblich. Doch auch diejenigen, die an Figurendynamiken interessiert sind, bleiben – von dem kurzen zweiten Drittel einmal abgesehen – bei all dem Beziehungsdrama trotz allem auf der Strecke, fehlt es den Figuren schlicht vorne und hinten an Tiefe. Auch wenn ich durchaus viel Potenzial sehe, wird Claire Douglas wohl nicht so schnell zu meinen Lieblingsautoren gehören.