Rezension

Irgendwo in Ostdeutschland...

Schallplattensommer -

Schallplattensommer
von Alina Bronsky

Bewertet mit 4 Sternen

Nicht ganz so tiefgründig, wie ich es mir erhofft hatte, aber das Buch hat definitiv Charme...

Als einzige junge Frau im Umkreis von dreizehn Kilometern ist Maserati Aufmerksamkeit gewohnt. Dabei will sie nur eines: Den Feriengästen die selbstgemachte Limonade ihrer Oma servieren und die Tage bis zur Volljährigkeit zählen. Mit der Liebe will sie nichts zu tun haben und noch weniger mit den Annäherungsversuchen der Söhne der reichen Familie, die gerade die Villa im Dorf gekauft hat. Doch dann stellen Caspar und Theo verbotene Fragen: Warum hat Maserati kein Smartphone? Wovor hat sie solche Angst? Und wie kann es sein, dass ihr Gesicht das Cover einer alten Schallplatte ziert? Plötzlich steckt Maserati bis zum Hals in Geheimnissen zweier Familien und in der Verwirrung ihrer eigenen Gefühle. (Verlagsbeschreibung)

Einen einfühlsamen Coming-of-Age-Roman präsentiert Alina Bronsky hier und schildert einen Sommer im Leben der 16jährigen Maserati, die in einem kleinen Dorf irgendwo in Ostdeutschland bei ihrer Großmutter lebt. Diese betreibt dort eine kleine Gaststätte, in der Maserati ihr tatkräftig hilft. Schnell wird deutlich, dass die Großmutter geistig zunehmend abbaut - sie hat noch viele klare Momente, oftmals aber ist sie verwirrt, redet wirr und läuft nachts davon. Doch Maserati hat nur ihre Großmutter, und so setzt sie alles daran, dass niemand mitbekommt, wie es um diese bestellt ist. Dafür schmeißt das Mädchen sogar die Schule, und bis auf kleine gestohlene Auszeiten am Tag dreht sich für Maserati alles um die Gastwirtschaft und ihre Großmutter.

Unruhe entsteht, als in der Villa nebenan eine gutsituierte Familie einzieht, deren beiden Söhne rasch auf Maserati aufmerksam werden. Kein Wunder, findet diese, ist sie doch das einzige weibliche Wesen unter fünfundfünfzig im Umkreis von dreizehn Kilometern. Maserati kennt die Blicke zur Genüge, die Männer ihr zuwerfen, und reagiert gewohnt schroff darauf. Doch die beiden Jungen von nebenan lassen sich nicht abschrecken. Für Maserati beginnt eine Zeit der Unruhe - will sie wirklich einen intensiveren Kontakt zu den beiden Jungen, zu einem von ihnen, zu jemand ganz anderem? Und wie kann sie bei alldem ihre Geheimnisse wahren - denn da gibt es mehr zu verbergen als ihre verwirrte Großmutter?

Wie gewohnt sorgt Alina Bronsky dafür, dass das Bedrückende an der Situation des Hauptcharakters zwar deutlich spürbar wird, dass es dabei aber nicht ins Wehleidige oder Melancholische abgleitet. Humorvolle Passagen sorgen außerdem für Auflockerung. Dynamik erhält die Erzählung durch eine Schallplatte, auf der eindeutig das Gesicht von Maserati abgebildet ist, was diese aber leugnet - und was eigentlich auch nicht sein kann, da diese Platte eindeutig schon älter ist. Doch die Jungen lassen nicht locker, und so kommt ans Tageslicht, was Maserati mit niemandem teilen wollte.

Allerdings verteilt die Autorin hier die Probleme ein wenig wie mit der Gießkanne - nicht nur Maserati hat zu kämpfen, auch der grüblerisch veranlagte Theo sowie Caspar mit dem sonnigeren Gemüt haben ihre dunklen Geheimnisse. Selbst wenn dadurch deutlich werden mag, dass Erwachsenwerden für niemanden leicht ist, war mir das in der Summe und angesichts der wenigen Seiten des Romans doch des Guten ein wenig zu viel. Dadurch fehlte mir ein wenig die Tiefgründigkeit, die hier durchaus möglich gewesen wäre. Alina Bronsky belässt es zudem oftmals bei Andeutungen, ohne näher auf Details einzugehen - und auch das Ende bleibt offen, was aber in meinen Augen nicht unpassend ist.

Alles in allem ein angenehm zu lesender, melancholisch-leichter Sommerroman, der weniger tiefgründig war als ich ich es mir erhofft hatte, der aber einen ganz eigenen Charme aufweist. Lesenswert!

 

© Parden