Rezension

Irrwitzige Utopie

Eroberung -

Eroberung
von Laurent Binet

Bewertet mit 4 Sternen

Selten hat man Absurderes gelesen: Angenommen, ein paar abtrünnige Wikinger hätten einst Südamerika bereist, hätten hier und da ein bisschen gesiedelt und äußerst kampflustige Nachkommen hinterlassen, was könnte daraus entstehen? Und wenn sie dann noch Christopher Columbus von der Rückreise seiner Mission abhalten, dann wird es folgenschwer.

Hier erobern die Inkas Europa und drehen den Spieß um, was eine hoch interessante alternative Geschichtsschreibung zur Folge hat. Da konvertiert doch Heinrich VIII einfach zu diesem neuen Sonnenglauben, wenn er die Scheidung nicht durchbekommt, Sonnenkönig Atahualpa lässt zu Wittenberg die „95 Thesen der Sonne“ anschlagen und wenn dieser Luther weiter Ärger macht, wird er beseitigt. Jahrzehntelange Glaubenskriege fallen aus, dafür kämpft man anderswo.

Das ist schräg, neu und sehr originell, ein großer Spaß, den man vermutlich umso mehr genießt, je mehr Geschichtswissen man aufweisen kann. Ich fürchte, mir sind zahlreiche Feinheiten entgangen, aber das macht nichts, ich bin auch so höchst begeistert.

Nur das Ende hätte ich mir anders gewünscht. Ich hatte mit einem großen Knall gerechnet, stattdessen verfolgt man die Irrwege des glücklosen Cervantes, mit dem ich nicht so viel anfangen konnte.

Trotzdem ist dieses Buch eine toll erzählte Utopie, ein wundervoll gelesenes Hörbuch, ein großer Spaß und ein Mustread für Historiker.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 07. Dezember 2020 um 18:53

Ach was. Klingt langweilig für meine Ohren.