Rezension

Is scho recht

Vater unser - Angela Lehner

Vater unser
von Angela Lehner

Bewertet mit 3 Sternen

Eva Gruber ist eine sehr unzuverlässige Erzählerin. Sie lügt, sie manipuliert, sie nimmt kein Blatt vor den Mund. Durch eine ebensolche Lügengeschichte hat sie sich ins Wiener Spital einliefern lassen. Hier weilt auch ihr Bruder Bernhart, zu dem sie mit allen Mitteln Kontakt sucht. Denn ihn will sie retten: Vor seiner Krankheit, vor sich selbst vor ihrer gemeinsamen Vergangenheit.

Die Gespärche zwischen Eva und ihrem Psychiater Dr. Korb sind Gold wert. Eva hält sich für klüger als den Rest der Welt, wenn sie aber versucht Korb zu manipulieren prallt das an ihm ab, sorgt für witzige Situationen und zeigt, dass sich sich ohne es zu wollen ziemlich genau so verhält, wie es ihrem Krankheitsbild entspricht. Nebenbei wird zwischen den Zeilen noch der Nutzen einer solchen Gesprächstherapie hinterfragt.

Den Dreh am Ende mochte ich ebenfalls gerne. Hier wird kurz und präzise aufgeklärt warum Eva ist wie sie ist. Nicht in aller Ausführlichkeit und nicht ohne den Leser selbst zum nachdenken zu bringen. Das war schön. Trotzdem blieben einige Dinge, die für mich keinen Sinn gemacht haben. So fand ich zwar Evas Charakter sehr gelungen aber ihren Bruder Bernhart habe ich nicht verstanden. Warum stimmt er ihrem Plan zu? Warum macht auch er den Vater für alle Probleme verantwortlich? Dass man Eva und ihren Erinnerungen nicht trauen kann ist klar. Aber warum macht Bernhart mit?

Die Zeit im Krankenhaus fand ich sehr unterhaltsam. Den "Roadtrip" gegen Ende dagegen fast ärgerlich. Die Episode im Wald und bei den alten Leuten hatte keinerlei Mehrwert für die Geschichte. Sie hat dem recht kurzen Buch nur ein paar zusätzliche Seiten beschert.

Ich bin letztlich etwas unentschlossen. Auch wenn der Krankenhausaufenthalt zusammen mit Eva durchaus Spaß gemacht hat, hätte ich im Nachhinein viel lieber über Evas Kindheit gelesen. Also die Zeit, bevor die Geschwister im Krankenhaus gelandet sind. Nicht die danach. Unterhaltsam, ja, das war's aber mehr konnte ich für mich aus der Geschichte leider nicht ziehen.