Rezension

Jana Frey hat das Erzählen neu erfunden

Liebeskinder - Jana Frey

Liebeskinder
von Jana Frey

Bewertet mit 5 Sternen

„Liebeskinder“ ist ein wunderbares Buch, eines, das nachhallt, das man, kaum beendet, gleich noch einmal lesen möchte. Eines, das man gern verschenken möchte, um ein Glück zu teilen.

Springfield / Massachusetts, etwa 2010: Die Kinder Ivory und Zadoc leben in Nachbarschaft und mögen sich sehr, obgleich Zadoc psychisch beeinträchtigt ist. Die Freundschaft geht durch schwere Belastungsproben, beider Mütter versuchen immer wieder auf´s Neue, sie zu unterbinden.

Kalifornien,1969:  An einem Strand wird ein Mädchen, Mackenzie, geboren. Ihre Mutter Leetha lebt in Partnerschaft mit Insel. Drei Jahre später gebiert diese ebenfalls eine Tochter, Janis. Als die Schwestern heranwachsen, fühlt sich Mackenzie neben der schönen und liebenswerten Janis schwerfällig und unscheinbar. 

Der Prolog, in dem ein kleines Kind fortgelockt wird, ist als verbindendes Element zwischen den zwei Erzählsträngen anzunehmen. Die entwickeln sich zunächst voneinander unabhängig. Beide brechen immer wieder aus der Chronologie der Ereignissen aus. Insbesondere der um den Jugendlichen Zadoc scheint in seiner Sprunghaftigkeit eine äußere Entsprechung des inneren Zustandes des Jungen darzustellen. Wie durch Assoziationen geweckte Erinnerungen verbinden sich die Bruchstücke erst nach und nach zu einem Ganzen. 

Immer wieder gibt es kursiv gesetzte Ergänzungen zum Text, die noch ein Stückchen tiefer gehen. Bei denen ein geheimnisvoller, ein wissender Beobachter Bemerkungen einflicht. 

Das liest sich wunderbar, aber nicht immer ganz leicht. 

Und mit Sicherheit erhebt das Buch nicht den Anspruch, ein leicht verdauliches zu sein. Weder der Schreibstil noch Inhalt oder Themen sind es. 

Die Autorin rückt ihre Menschen dicht an den Leser / die Leserin heran, so dicht, dass die Emotionen Achterbahn fahren. Verschiedene Personen gewähren tiefste Einblicke in ihre Entwicklung, ihre Gefühle, ihre Beziehungen. Ehrlich, schonungslos, tabulos wird auch die Bandbreite von Sexualität und Liebe ausgelotet. Und letzten Endes geht es genau darum, um die Liebe, auch um das, was sie bewirken kann, im Guten wie im Bösen.

Mit diesem Roman hat Jana Frey das Erzählen neu erfunden. Sie vermag inmitten eines fast unerträglich spannenden Erzählflusses Pausen aufzuzwingen, nämlich wenn ein einzelner Satz sich zu einer Erkenntnis verdichtet, die erst einmal verarbeitet werden muss. 

„Liebeskinder“ ist ein wunderbares Buch, eines, das nachhallt, das man, kaum beendet, gleich noch einmal lesen möchte. Eines, das man gern verschenken möchte, um ein Glück zu teilen.

Wem? Jedem, der poetische Sprache und ungewöhnliche Geschichten mag. Erwachsenen, aber durchaus auch nachdenklichen Jugendlichen.