Rezension

Japan!

Die Ladenhüterin - Sayaka Murata

Die Ladenhüterin
von Sayaka Murata

Bewertet mit 5 Sternen

Die Freude ist jedesmal gross wenn ich ein neues Buch von einem japanischen Schriftsteller in den deutschen Vorschauen finde. Die Freude war hier umso grösser als ich erfuhr, dass Ursula Gräfe für die Übersetzung zuständig sei und dass Sayaka Murata den 155. Akutagawa Preis ( einer, wenn nicht DER wichtigste Buchpreis Japans) mit diesen Titel gewonnen hat. Die Geschichte um Keiko, die Probleme mit Gefühlen hat, hilft der Autorin sich pointiert und ironisch an der Gesellschaft auszulassen. Viele Probleme werden offen angesprochen: Alleinstehende Frau ab einem bestimmten Alter, der Druck eine "gute" Arbeit zu haben um als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft anerkannt zu werden. Nicht nur die Gesellschaft als ominöses Ganzes sitzt Keiko im Nacken, sondern auch Familie und Freunde die sich den Formen angepasst haben und durch das nicht passende Puzzleteil namens Keiko bedroht fühlen. Mit Verwirrung und Verzweiflung reagiert ihr Umfeld, als sie den Convenient Store für sich entdeckt. Eine Stelle gut genug für einen Studenten, eventuell noch mit Anfang 20 als Berufsanfänger, aber niemand der etwas auf sich gibt würde länger bleiben. Keiko liebt den Laden, liebt die Leute und vor allem das Gefühl der Sicherheit. Hier kann sie agieren, hier kann sie ihren Teil leisten und weiss was von ihr erwartet wird. Sie zählt als Mensch dazu. Ausserhalb des Stores fühlt sie sich Fehl am Platz und weiss nicht recht wie ein Mensch zu reagieren hat. 
Das Buch ist sehr Emotionsgebunden und bietet kaum Handlung. Auf knapp 200 Seiten ist dies aber von Vorteil. 
Dialoge helfen der Geschichte ein bisschen weiter und vor allem ab dem Moment in dem Shiraha eingeführt wird kommt ein bisschen Schwung rein. 
Selten war mir eine Figur unsympathischer. Wäre das Buch länger und Shiraha prominenter gewesen, hätte ich es wohl kaum zu Ende gelesen, so furchtbar gegen den Strich ging er mir. Das Schlimme an ihm, war meine Überlegung, ist dass es jemanden wie ihn wahrscheinlich tatsächlich gibt. 
Konbinis, oder Convenient Stores, gehören zu Japan wie Tempel. Kein Tag vergeht an dem man nicht den einen oder anderen Aufsucht. 
Jetlag geplagte Nächte führten zu Lawsons um die Ecke, auf der Suche nach Gedränken, Essen und Ablenkung. 
Ausflüge begannen erst nach dem Trip zum Family Market und dem Aufsuchen der Bento Box. Mir persönlich gefiel es dementsprechend gut, da ich das Umfeld kannte. Ich wusste von der Geräuschkulisse, die hier liebevoll zum Leben erweckt wird, wusste von der Begrüssung, dem Aufwiedersehen. 
Kaum hatte ich das Buch begonnen, wurde ich zurück versetzt zu dem Morgen an dem ich das erste Mal einen Reisball in einem Konbini kaufte. Zum letzten November in dem mein Freund sich das ein Beef Bun komplett in den Mund steckte und ich täglich meine Matcha Latte to Go kaufte. Zum letzten Abend unseres letzten Aufenthalts an dem ich Tonnen Süssigkeiten kaufte um noch als Souvenir mitzubringen. 
Ich hoffe Leser, die noch nicht in den Genuss eines Konbini gekommen sind, können sich trotzdem auf die Geschichte einlassen.