Rezension

Jeder ist verdächtig!

Nachts schweigt das Meer - Kate Penrose

Nachts schweigt das Meer
von Kate Penrose

Bewertet mit 3.5 Sternen

Mit dem Auftakt zur neuen Krimireihe um den britischen Ermittler Benesek (Ben) Kitto entführt uns die Autorin Kate Penrose (auch als Kate Rhodes bekannt) auf die Scilly-Inseln. Nie davon gehört? Dann einfach mal googeln bzw. Bilder suchen im Netz – euch werden die Augen übergehen! Es sieht ein bisschen so aus wie Mittelmeer in England… mit Palmen und kristallklaren Buchten – ein Traum! Die hübschen Inselchen vor Cornwall wären schon allein Grund genug, das Buch zu lesen.

Allerdings muss ich gleich dazu sagen: dieses Buch spielt im Winter. Bei sturmumtoster See, stürmischen Winden und aschgrauem Himmel. Aber genau das passt zu diesem Kriminalroman, der mit dieser düsteren Landschaft die perfekte Kulisse schafft für den ersten Fall von Ben Kitto.

Ben kommt aus London auf seine Heimatinsel Bryher zurück. Nach einem Schicksalsschlag will er sich eine Auszeit nehmen und spielt sogar mit dem Gedanken, den Polizeidienst zu quittieren. Er hadert mit sich und ist sich unsicher, wie sein Leben weitergehen soll. Der geerbte Hund Shadow, um den er sich nur widerwillig kümmert, ist ihm kein Halt, sondern eher Belastung.

Als auf der Insel ein 16jähriges Mädchen verschwindet, zögert Ben nicht und leitet den Sucheinsatz, den er zusammen mit den wenigen anderen Inselbewohnern durchführt. Als das Mädchen tot gefunden wird, sieht Ben mit Kennerblick, dass ihr Tod kein natürlicher war. Er wird vom Polizeichef fast dazu gedrängt, die Ermittlungen zu übernehmen und muss nun zwischen Menschen ermitteln, die er schon seit Kindertagen kennt – und die plötzlich alle verdächtig erscheinen.

In einer Nebenhandlung lernt Ben die geheimnisvolle Nina kennen – aber mit dieser Figur bin ich leider nicht warm geworden. Bis zum Schluss wollte für sie keine richtige Sympathie bei mir aufkommen und Bens Verhalten ihr gegenüber hat mich auch etwas irritiert. Während er bei allen anderen Menschen immer vernünftig agiert hat, setzte hier der Verstand komplett aus... weil er sie attraktiv fand. Sein Verhalten ihr gegenüber stand so im Widerspruch zu seinem sonstigen Benehmen, dass es für mich sehr konstruiert rüberkam. Als hätte auf Krampf noch eine Liebesgeschichte in den Roman geschrieben werden müssen.

Bis zu den letzten 50 von 440 Seiten hatte ich immer noch keinen blassen Schimmer, wer der Mörder war – was grundsätzlich ein gutes Zeichen für einen Krimi ist. Die ganze Zeit erschienen fast alle Inselbewohner mehr oder minder verdächtig und es hätte im Grunde jeder gewesen sein können. Dafür, dass die Spannung so lange aufgebaut wurde, war dann aber die Auflösung sehr schnell (für mich zu schnell) abgehandelt und auch die zwischenzeitlich mit den anderen Figuren aufgebauten offenen Fragen wurden aus meiner Sicht im Schnelldurchgang beantwortet. Irgendwie ein unbefriedigendes Ergebnis…

Fazit:

Tolles Setting, ein sehr großzügig aufgebauter Spannungsbogen – der aber leider am Ende zu abrupt aufgelöst wird. Das Verhalten von Hauptfigur Ben kam mir in Bezug auf Nina zu konstruiert vor. Insgesamt 3,5 Sterne.

Teil 2 der Reihe („Dunkel leuchten die Klippen“) ist für Januar 2020 angekündigt.