Rezension

Jeder Mensch hat sein Recht auf Sexualität

Someone New - Laura Kneidl

Someone New
von Laura Kneidl

Bewertet mit 5 Sternen

Es gibt selten Bücher, die mich so positiv zurücklassen wie dieses. Daher wusste ich bereits, bevor ich diese Rezi schreibe, dass es fünf Sterne bekommen wird. Denn in diesem Buch stimmt einfach alles. Die Charaktere, die Geschichte, der Weg durch das Buch, die Thematik und die Auflösung darum. Ich selbst kann nichts zu der Auflösung sagen und zu den Problemen von Micah und ihrem Elternhaus, da ich diese alle nicht erlebt habe, aber ich finde selbst als Außenstehende, merkt man das die Autorin sich sehr viel Mühe gemacht hat und mit Leuten gesprochen hat, die Teile davon oder ähnlich erlebt haben.

Aber worum geht es im Buch?

Micah ist 18 Jahre jung und kommt aus einem Elternhaus, wo beide Eltern gemeinsam sehr erfolgreich Teil einer Kanzlei sind. Also steht fest das Micah und Adrian, ihr Zwillingsbruder, diese in Zukunft leiten sollen. Um dies zu leisten, müssen beide natürlich ein Jurastudium abschließen. Aber es soll bei beiden Kindern nicht das bei rumkommen, was sich die Eltern vorgestellt haben.

Denn eines Tages, vor Beginn des Studiums in Yale für beide, erwischen die Eltern Adrian mit einem anderen Jungen im Bett. Homosexualität ist in deren Kreisen verteufelt und somit wird Adrian zu Hause rausgeworfen und man behauptet einfach er mache eine Europatour.

Micah kommt mit der Situation nicht zurecht und versucht die ganze Zeit über ihren Bruder übers Handy zu erreichen und sucht alle Orte in der Stadt ab, welche für Menschen mit unterschiedlichem sexuellem Empfinden da sind. Von den Selbsthilfegruppen über offene Treffs. Niemand hat ihn da sehen wollen.

Da sie nicht möchte das der Haussegen noch mehr schief hängt, fängt sie das Studium welches sie gar nicht machen will nicht in Yale an, sondern vor Ort in der nahegelegenen Uni. Die Eltern sind nicht begeistert da drüber, aber immerhin ergibt sie sich den Anforderungen dieser. Sorgen um ihren Alltag muss Micah sich nicht machen, da die Wohnung auf ihrem Namen läuft, bezahlt ist und sie die Kreditkarten der Eltern hat. Nur hin und wieder muss sie zum gemeinsamen Essen mit den Eltern oder mit weiterem Besuch erscheinen. Jederzeit ist das Thema Adrian dabei Tabu und die Eltern wollen nur hören das das Studium sehr gut verläuft.

Aber genau dies ist von Anfang an nicht der Fall, denn sie gibt sich mehr Mühe bei der Suche nach ihrem Bruder und beim Zeichnen. Denn das ist was sie wirklich studieren will, Kunst. Aber dies erlauben die Eltern nicht und dafür zahlen diese auch nicht.

Zu ihrer großen Überraschung findet sie heraus, das in der Wohnung neben ihr Julian wohnt. Der Kellner der wegen ihr den Job verloren hat. Also versucht sie sich bei ihm zu entschuldigen. Aus anfänglicher Abweisung wird eine Freundschaft und dann auch mehr. Aber es ist holprig. Denn Julian hat Geheimnisse. Narben am Arm und auf der Brust, eine tote Schwester, eine Familie die ihn verstoßen hat. Hat er mit dem Tod seiner Schwester zu tun?

Die Geschichte war für mich einfach traumhaft geschrieben. Die Thematiken wurden alle mal tiefer und der Spannung wegen mal oberflächlicher behandelt, zum Ende aber alle aufgedeckt. Wo der Bruder von Micah abgeblieben ist und warum er die Nachrichten ignoriert wird genauso wie das Geheimnis um Julian.

Die Charaktere waren mir von Anfang an sympathisch. Von Micah die ihren Bruder sucht und dann den Mut findet, sich gegen ihre Eltern zu stellen. Denn diesen Schritt machen die wenigsten und erfordert sehr viel Mut. Natürlich hat sie hier eine Sicherheit der eigenen Wohnung, welche die allerwenigsten im Leben haben. Aber ihre natürliche Art fand ich einfach super. Gerade die Gedankengänge in denn sie Julian an die Wäsche ging, waren sehr erfrischend.

Julian ist der geheimnisvolle junge Mann von nebenan. ER studiert Archäologie, geht auf dieselbe Uni wie Micah, hat eine kleine Katze welche er gerettet hat und hat Nebenjobs um über Wasser zu bleiben. Wir erfahren das er recht heftige Naben hat aber erst zum Ende was es damit auf sich hat. Sein Charakter ist daher recht zurückhalten und er schiebt Micah vor lauter Selbstschutz erstmal von sich weg. Kennt man die ganze Wahrheit, hat man unheimlichen Respekt vor ihm und dem was er schon alles erlebt hat.

Adrian, der Bruder von Micah, wird im Buch recht kurz erscheinen und leider kann ich nicht behaupten das er mir sympathisch wirkte. Seine Argumentation warum er Micah ignorierte war mir einfach zu schwach und falsch.

Die Nebencharaktere waren alle starken und tollen Charaktere. Die Nachbarn Aurie und Cassie welche mit Julian in einer WG leben. Beide sehr freundlich, offen und so süß das Drama zwischen den beiden. Hier bin ich positiv erfreut, dass es einen zweiten Band gibt, wo die beiden ihr Debüt nochmal richtig feiern dürfen.

Lilly, das starke Mädchen was früh Mutter geworden ist aber die Schule fertig macht und studieren will. Hier gibt es ganz andere Geschichten im wahren Leben.

Für mich ist das ganze Buch daher ein perfektes Paket um junge Menschen mit unterschiedlichen Geschichten zum Thema Selbstfindung und Sexualität. Alle sind sehr realistisch und zugleich verständnisvoll geschrieben. Die Ängste und Vorurteile sind nachvollziehbar wie auch die Handlungen der Charaktere.

Der sehr gute und flüssige Schreibstil in nicht allzu langen Kapiteln gibt einen die Möglichkeit sich in dem Buch zu vertiefen ohne das Gefühl zu haben, das es unnötige Längen hat.

Laura Kneidl ist für mich eine der besten New Adult Autoren und macht auch „Liebesgeschichten- Muffel“ wie mir, Lust auf das Lesen. Denn die Geschichten sind ehrlich und nah und unbegreiflich schön geschrieben. Fünf *****