Rezension

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Jeder Zauber hat seinen Preis

Claras Melodie - Aurore Guitry

Claras Melodie
von Aurore Guitry

Bewertet mit 3 Sternen

Nicolas vergeht vor Verzweiflung, seit seine Frau nach einem schweren Unfall ins Koma gefallen ist. Um jeden Preis möchte er sie retten, fieberhaft sucht er nach einer Gelegenheit, das Unmögliche möglich zu machen. Eines Tages dann meldet sich sein Vater bei ihm und weiht ihn in das wohlgehütete Geheimnis einer Partitur ein, einer Melodie, die es vermag, Kranke zu heilen oder gar Leben zu retten. Doch jeder Zauber hat seinen Preis: Derjenige, der sie singt, wird wahnsinnig und opfert zuletzt sein eigenes Leben für das eines anderen. Nicolas jedoch ist willens, dieses Risiko auf sich zu nehmen und begibt sich auf eine Reise nach Rom, um die einzige Frau aufzuspüren, die im Besitz der vollständigen Partitur ist: Clara.

Bevor ich mir nun ein Urteil über den Roman selbst erlaube, sei mir eine kurze Bemerkung zu der optischen Gestaltung des Buches gegönnt: Das Coverbild ist ein Traum! Nein wirklich, dieses wunderbar- warme Bild versprüht einen Hauch von Magie und Mystik und passt so wahnsinnig gut zu dem Thema der Geschichte, dass es mich unweigerlich auch im Geschäft in seinen Bann gezogen hätte.

Wenn nur die Geschichte halten würde, was das Cover verspricht. Leider musste ich feststellen, dass mich die Geschichte zwar unterhalten, aber nicht nachhaltig ge- und berührt hat. Erzählt aus der tagebuchartig verfassten Perspektive Nicolas dringt der Leser durch mehrere Erzählebenen und –zeiten in das Geschehen vor und nach Éléonores Unfall ein und begleitet den Protagonisten auf seiner Suche nach der Partitur und nach jemandem, der bereit dazu ist, sein Leben für Éléonores zu opfern. Was im ersten Augenblick nach einer transzendent anmutenden Reise gegen die Zeit à la Dan Brown klingt, entpuppt sich zunehmend als Nicolas persönliche Hetzjagd  gegen sein schlechtes Gewissen und für die Hoffnung, denn diese stirbt bekanntlich zu letzt.

Untermalt von immer stärker werdenden Sprüngen in Ort und Zeit, von kleineren und größeren Erzähllücken und einem sich stetig reduzierenden ausschweifend- blumigen Erzählstil fühlt sich auch bald der Leser durch Rom und Paris getrieben- mir persönlich fehlte schon früh der Zugang zu den Charakteren, insbesondere dem für meinen Geschmack zu unreflektiert und geradezu wahnhaft handelnden Nicolas. Größtes Manko ist für mich aber die auffallend große Anzahl an „Nebengeschehen“, die in die ohnehin schon knappe Geschichte eingeflochten wurden und mehr Fragen aufwerfen, als sie zu klären vermögen. Warum Afrika? Wieso meldet sich Nicolas Vater ausgerechnet jetzt? Ein paar Seiten mehr hätten der Geschichte sichtlich gut getan, so bleibt es bei einer netten Leseerfahrung, die sich leider nicht dauerhaft festsetzen wird, obgleich in der Idee deutlich mehr Potenzial steckte.

"Was man liebt, soll man nicht halten" sagte einst Napoleon Bonaparte und für mich ist dies die Erkenntnis des Romans, die ich auch Nicolas gewünscht habe.