Rezension

Jugenddystopie: Starker Beginn, überraschendes Ende und dennoch nicht ganz überzeugend

The Loop. Das Ende der Menschlichkeit (The Loop 1)
von Ben Oliver

Bewertet mit 3.5 Sternen

Alles ist genau so, wie es sein soll - innerhalb des Buches mag das zutreffen. Als Leser, der außerhalb steht, muss ich sagen, dass ich das Buch leider nicht als genau richtig einschätzen kann.

Seit zwei Jahren sitzt der 16jährige Luka im Jugendgefängnis "The Loop". Jedes halbe Jahr wird er vor die Wahl gestellt: Exekution oder ein Aufschub - und das bedeutet ein Experiment: Beispielsweise kann ihm ein Organ entfernt und durch ein künstliches ersetzt werden oder ein Impfstoff wird an ihm ausprobiert. Was geplant wird, weiß er vorher nicht, aber sicher ist, dass auch diese Option tödlich sein kann. Diese Tests kommen alle den sogenannten "Modifizierten" zu gute, der reichen Oberschicht, die die Macht hat und die Ressourcen, um sich Optimierungen leisten zu können. Nicht genug mit dieser ständigen Bedrohung - Luka wird auch täglich einer "Energieernte" unterzogen, die ihn körperlich wie seelisch auslaugt: Folter.

Auch außerhalb des Gefängnisses ist diese Zukunftswelt beklemmend: Nach dem 3. Weltkrieg ist die Erde in großen Teilen zerstört. Die Weltregierung hat weitreichende Verantwortung an eine künstliche Intelligenz abgegeben, die objektiver und rationaler als Menschen entscheidet. Die Menschheit besteht aus zwei Gruppen: Die Modifizierten haben Macht, Geld und Zugang zu allen technischen Möglichkeiten, so dass ihre Kinder schon vor der Geburt optimiert werden; die Regulären haben das alles nicht und kämpfen um ein Existenzminimum. 

Bei einer solchen Spaltung ist es unausweichlich, dass ein Aufstand geplant wird, doch ist das wirklich so oder sind es nur Gerüchte? Abgeschnitten von der Außenwelt hört Luka von einem Aufstand, einem Weltkrieg, von Verschollenen. Wichtiger aber ist ihm: Was ist aus seinem Zellennachbar geworden, der gerade einen Aufschub gewählt hat; wie geht es seiner Familie, von der er keinerlei Nachricht hat; wie übersteht er die entsetzlichen Tage; und soll er nicht beim nächsten Mal lieber die Exekution wählen, um ein Ende zu machen? 

Dann überschlagen sich die Ereignisse, und von denen möchte ich hier lieber nichts schreiben, um nicht zu spoilern...

Das Buch ist eine Jugenddystopie, und es beschreibt eine zukünftige Welt, die durchaus realistisch werden könnte. Die bedrohliche Atmosphäre im ersten Teil ist sehr intensiv beschrieben, und als Leserin kann ich mich gut in die Gedanken und Gefühle des Ich-Erzählers Luka einstimmen. Es gibt einige kleinere Ungereimtheiten, aber über die kann ich hinweglesen. Dann nimmt die Geschichte Fahrt auf, und mir wird es schnell zu viel: Eine Gewaltexplosion, die schwer zu ertragen ist. Gut, das entspricht nicht meinem persönlichen Lesegeschmack; es passt aber zu der geschilderten Welt, daher muss ich es akzeptieren. Was mich gar nicht überzeugt, ist die Wende am Schluss, die den Hintergrund erklärt. Für mich ist das Ganze nicht logisch, und damit trägt die Konstruktion nicht. Auch die Charakterdarstellungen sind für mich nicht lebensecht: Luka ist schon fast ein strahlender Held, die Wärterin Wren wird von ihm idealisiert, und auch die anderen zehn- bis siebzehnjährigen Insassen sind starke Typen, die aber fast alle übergangslos zu Killern werden. Dazu kommt die Sprache, die nicht immer zu einem 16jährigen passt und auch manchmal schiefe Bilder einsetzt. Wenn ein Puls von 0 auf 100 steigt, hat der Lektor offensichtlich geschlafen.

Alles in allem: Ja, das Buch ist spannend, und ich kann mir gut vorstellen, dass es ein Erfolg wird, schließlich muss es dafür ja nicht meinem Geschmack entsprechen. Es ist der erste Band einer Trilogie.