Rezension

June - was für eine Frau!

June - Miranda Beverly-Whittemore

June
von Miranda Beverly-Whittemore

Bewertet mit 5 Sternen

June ist Cassandra Danvers Großmutter. Nach Junes Tod zieht Cassie in das halb verfallende Herrenhaus „Two Oaks“, das sie von ihrer Großmutter geerbt hat. Ab ihrem achten Lebensjahr wurde sie von ihrer Großmutter aufgezogen. Ein Autounfall hatte sie zur Waise gemacht. In den letzten Jahren hat ihre Großmutter sich wieder auf „Two Oaks“ zurückgezogen. Cassie ist verzweifelt darüber, dass sie die tödliche Erkrankung ihrer Großmutter erst sehr spät erkannt hat.

In ihre Trauer und Zurückgezogenheit platzen plötzlich die Nachkommen des Schauspielers Jack Montgomery in ihr Leben. Zunächst teilen sie ihr mit, dass sie die Alleinerbin des Schauspielers wäre, da sie seine Enkelin wäre. Dann wird jedoch klar, dass sie das Testament anfechten wollen und Cassie mithilfe eines DNA-Test vom Erbe ausschließen möchten.

Jetzt beginnt für Cassie eine turbulente Zeit, die sie auf den Spuren ihrer Großmutter wandeln lässt und ihr ermöglicht sie endlich richtig kennenzulernen.

 

June ist ein wundervoller Roman. In zwei Zeitebenen wird die Lebensgeschichte der June Danvers erzählt. Ihr Leben wird langsam, mit vielen Unterbrechungen, die der Gegenwart geschuldet sind, und mit eine Art Weichzeichner erzählt.

Im Jahre1955 schnuppert die Kleinstadt St. Jude Hollywoodluft, mit allen Aufregungen, Intrigen und Skandale. Das Provinzstädtchen und seine Bewohner werden meisterhaft beschrieben. Die kleinen Scharmützel der Bewohner, politische Intrigen dubioser Geschäftemacher, die es damals natürlich auch schon gab, reihen sich nahtlos an dem Kampf um die Komparsenrollen und um die Beachtung durch die Schauspieler an. Die einzelnen Szenen sind so lebhaft und bildhaft dargestellt, dass der Leser sich mitten im Geschehen sieht.

June wird als junge Frau sehr zurückhaltend dargestellt und doch kann man erkennen, dass sie weiß, was sie will und dass sie ihren eigenen Weg geht.

Der stetige Wechsel zwischen den zwei Zeitebenen hat mir nicht immer gefallen. Er nahm immer wieder das Tempo aus dem Erzählfluss. Das führte dann zu unnötigen Längen. Der Einfall, dass die alte Dame, die Cassie stets beobachtet, Lindie  ist, spannt den Bogen und rundet die Geschichte formvollendend ab.

Bemerkenswert finde ich auch, dass die Kleinstadt im Jahr 2015 so realitätsnah beschrieben wird. Nachdem die politischen Intrigen der 1955er Jahre fehlgeschlagen sind, konnte sich diese Stadt nicht entwickeln und stellt sich 2015 ziemlich verlassen und verstaubt vor.

Das träumende, lebendige Haus ist natürlich Phantasie, aber beim Lesen dieses Romans kann man es sich gut vorstellen.

Liebe, Leidenschaft, Intrigen, Verlust, Zeitgeschichte und nochmal ganz viel Liebe sind in diesem Roman vereint. Ich habe ihn richtig gern gelesen und werde ab jetzt die Augen aufhalten nach Büchern von Miranda Beverly-Whittemore.