Rezension

Kam nicht rein und am Ende hats mich nicht mehr gekümmert

Nichts weniger als ein Wunder - Markus Zusak

Nichts weniger als ein Wunder
von Markus Zusak

Bewertet mit 1.5 Sternen

Worum es geht: 

Die Dunbar Brüder leben auf ihre eigene Art. Die geliebte Mutter ist gestorben und der Vater abgehauen. Eine Taube und ein Maultier als Haustier, eine kaputten Wäscheklammer als Souvenir, Brüder die sich gegenseitig fertig machen. Während Matthew, der älteste den Lebensunterhalt verdient und die Geschichte erzählt, ist es vor allem Clay, der 4., der die Geheimnisse schultert. Clay kämpft und trainiert, für was, weiss er nicht. Doch es ist auch Clay der alles gibt, und seinem Vater hilft eine Brücke zu bauen. Und dafür benötigt er nicht weniger als ein Wunder.  

Meine Meinung: 

10 Jahre liess uns Zusak auf ein neues Buch warten. Sowas ist immer schwierig, die Erwartungen steigen. Ist es überhaupt noch möglich mit einem Bestseller wie "Die Bücherdiebin" mitzuhalten? Geht es darum? Zusak sagte selbst, die Person die die Bücherdiebin schrieb, gibt es nicht mehr. Er ist nicht mehr der Mann, den er vor 10 Jahren war. Unvoreingenommen versuchte ich an das Buch ranzugehen, welches sein erstes Buch ist dass nicht als Jugendbuch promotet wurde. Jahre ist es her, dass ich Markus Zusak gelesen hatte, also wie schwer kann es sein das Buch objektiv zu lesen?
Die ersten 100 Seiten waren wirre Qual. Ich bereute die Entscheidung, das Buch auf Englisch zu lesen. Ich las das Buch in einem Buddyread und man hat mir versichert in der deutschen Ausgabe sei der Anfang wohl auch sehr undurchsichtig. Zusak drückt eine Metapher über die nächste. Blumiges Schreiben schön und gut, aber verstehen wer was sagt wäre schon nett. Der Umstand dass jeder neben dem Vornamen noch mehrer Spitznamen hat und die Tiere natürlich ebenfalls erschwerte den Einstieg. Hektor lag Rory auf dem Hals und schien ihn zu erwürgen... bis ich verstand, dass es sich um die Katze drehte, nicht einen Bruder, verging eine Weile. Ja, den Brüder traut man sowas auch zu. 
Alle die es bereits gelesen hatten versicherten mir aber "Durchhalten! Es lohnt sich!".
Und tatsächlich, nach den ersten hundert Seiten kommt der Knackpunkt und es flutscht. 

"He, as much as anyone, knows who and why and what we are:
A family of ramshackle tragedy.
A comic book kapow of boys and blood and beasts.”

Die Hintergrundgeschichte der Eltern und der Kinder wird abwechselnd zu der Gegenwart eingeführt. Diese ist dann auch linear erzählt und hatte mich gleich im Bann. Man kommt nicht mehr umhin sich zu fragen was denn alles passiert ist, um an dem Punkt der Gegenwart anzukommen. Im Jetzt leben die Unruhe stiftenden Brüder wie Wilde, kloppen sich gegenseitig und andere. Eine Aggresivität zieht sich durch das Leben und die Beziehung der Brüder, die mir persönlich zu weit ging. Für das "Boys will be Boys" hatte ich kein Verständnis mehr, vor allem auch weil die Jungs schon als Kleinkinder Gewalt gegeneinander anwenden. Die Aussage "So sind wir. Brüder halt." machte es nicht charmant. Im Jetzt wird das dann noch mit einer Mehrzahl an nicht erzogenen Haustieren getoppt. 
Matthew wählt Clay als Hauptfigur, der ruhige Bruder, der alles schultert. Der angenommene Liebling der Mutter, der im Haushalt half, ihr zuliebe Klavier spielen lernte, nach Geschichten aus der Vergangenheit fragte. Warum Clay als Hauptfigur fungiert, findet der Leser auf 500 Seiten raus. Geduld haben ist angesagt. 

“Clay was warming up. Truth be told, Clay was always warming up … It bears mentioning that what our brother was training for was as much a mystery to him as it was to us. He only knew he was working and waiting for the day he’d find out.”

Als der Vater, auch der Mörder genannt, überraschend wieder auftaucht und um Hilfe fragt, ist es Clay, der Verräter, der zu ihm geht. Eine Brücke soll gebaut werden. Hier überschlagen sich die Bedeutungen der Brücken und Clay's Stand als Schlüssefigur wird klarer. Der Brückenbau beginnt sehr lange erst mal nicht. Viel Erklärung, viel gewollte atmosphäre, die bei mir leider kaum gefruchtet hat. Wer Seitenweise blumige Beschreibungen mag, wird hier glücklich. Zentrales Thema ist das der Trauer und deren eventuellen Bewältigung. Das auf über 500 Seiten... fand ich nicht leicht. 

“When it was over, they lay on their backs; there was a window on this, the top floor of the stairwell, and grubby light, and rising-falling chests. The air was heavy. Tons of it, heaping from their lungs. Henry gulped it good and hard, but his mouth showed true heart.”